Ep. 12 – Gespräch mit Josephine Zorn

Shownotes

Wie kann man unternehmerisches Handeln lehren? Inwiefern findet dabei auch Beziehungsarbeit statt? Josephine Zorn bringt in dieses Gespräch mit Simon Frisch ihre Erfahrungen aus der Gründerwerkstatt neudeli mit. Dort haben Studierende z.B. die Möglichkeit, in interdisziplinären Teams unternehmerische Lösungen zu erarbeiten. So können sie sich unter Anleitung und Betreuung von Josephine Zorn und ihren Kolleginnen einer Herausforderung widmen, die kooperierende Praxispartner mitbringen. Wie man das aus dem Projekt Gelernte auch aus dem Seminarraum heraus mitnehmen kann und inwiefern Prototypen nicht nur zwischen Legosteinen und Pappmodellen gebaut werden können, sind u.a. Themen dieser Episode.

Unser Host: Dr. Simon Frisch ist Vizepräsident für Lehre und Lernen an der Bauhaus-Universität Weimar und er leitet die Dozentur für Film- und Medienwissenschaft. Er interessiert sich besonders für die spezifische Praxis der Theorie und für die ostasiatischen Wegkünste sowie die Spaziergangswissenschaft als Perspektive und Methode in Lehre und Forschung.

Mitwirkende: Host: Simon Frisch Sound-Design und Schnitt: Jonas Rieger, Laura Khachab, Moritz Wehrmann Musik: Sebastian Lederle Artwork: Andreas Wolter Ton und Technik: Steven Mehlhorn, Moritz Wehrmann Marketing und Social Media: Claudia Weinreich, Marit Haferkamp Juristische Beratung: Laura Kister Digitale Barrierefreiheit: Christiane Hempel Transkript: Laura Khachab Produzentin: Nicole Baron Distribution: Ulfried Hermann, Jonas Rieger

Folgenwebsite: www.uni-weimar.de/lehre-podcast

Weiterführende Links Web: www.uni-weimar.de/neudeli Insta: startupincubator_neudeli LinkedIn: Gründerwerkstatt neudeli

Transkript anzeigen

Ep. 12 — Gespräch mit Josephine Zorn

Intro: Zwischen Magie und Handwerk. Ein Podcast der Bauhaus-Universität Weimar.

Frisch: Mein Name ist Simon Frisch und ich spreche hier mit Lernenden aus allen Bereichen unserer Universität, über Lehre und Lernen, über Ihre Erfahrungen und Ihre Perspektiven. Das Mikrofon ist offen, für 45 Minuten, die Bühne frei, sozusagen, die Audiobühne und wieder treten zwei Figuren auf, ich immer in dieser Doppelrolle als Vizepräsident für Lehre und Lernen und als Dozent für Film- und Medienwissenschaft. Und in beiden Rollen interessiere ich mich für Lehre und Lernen seit 25 Jahren inzwischen und hier an der Bauhaus-Universität seit gut zehn Jahren. Und weiß immer noch nicht so richtig, was das ist. Und deswegen führe ich diese Gespräche hier. Und ich freue mich, Josephine, dass du heute da bist. Als wer wirst du denn die nächsten 45 Minuten sprechen?

Zorn: Ja, erstmal vielen Dank für die Einladung und dass ich heute hier sein darf. Du hast es ja schon gesagt, ich bin Josephine Zorn, Mitarbeiterin in der Gründerwerkstatt Neudeli und dort auch Dozentin für Unternehmerisches Denken und Handeln und für das Thema Innovationsmethoden. Und in dieser Rolle werde ich heute auch bei dir anwesend sein.

Frisch: Wunderbar. Das ist auch tatsächlich das, was mich richtig interessiert gleich, unternehmerisches Handeln unterrichten, vielleicht erstmal so. Wie geht ihr da ran? Wie lang lehrst du denn schon in dieser Rolle?

Zorn: Ich bin seit 2016 in der Gründerwerkstatt und dort seit dieser Zeit auch zunehmend in der Lehre dort eingebunden gewesen. Im Vorfeld habe ich im Studiengang Medienmanagement unterrichtet, also da ging's natürlich auch schon viel um Innovationsmethoden, aber auch um Corporate Social Responsibility z.B., also noch mal ein bisschen ein anderes Feld.

Frisch: Was ist Corporate Social Responsibility?

Zorn: Genau, da steht die soziale Verantwortung von Unternehmen im Fokus, also wie Unternehmen auch ihrer Rolle in der Gesellschaft gerecht werden können, wie sie ja einfach verantwortungsvoll handeln. Und so auch einen Beitrag leisten, die Gesellschaft zu stärken und einfach auch die Umwelt zu schützen. Das hat auch wiederum sehr viele Komponenten, ist auch super spannend, spielt auch tatsächlich bei uns heute in der Gründerwerkstatt noch eine große Rolle. Also dieses ja, wie kann ich wirtschaftlich tätig sein? Zum einen auch vielleicht wirtschaftlich erfolgreich tätig sein im besten Falle. Aber dabei eben auch verantwortungsvoll handeln, ökologisch sinnvolle Dinge tun. Das merkt man auch, dass das den Studierenden sehr am Herzen liegt. Und das ist ein sehr wichtiges Thema.

Frisch: Wie gehst du dann an so ein Seminar heran? Jetzt mal ganz einfach, ich könnte jetzt natürlich auch noch, was mich wirklich interessiert, was ist eigentlich Unternehmen usw., da können wir vielleicht nachher nochmal — Aber erstmal einfach vom Ansatz her, ich stelle mir das so vor, ich habe die Aufgabe, Unternehmen zu unterrichten oder Entrepeneurship, ist ja manchmal das schönere Wort, weil Unternehmer im Deutschen so komisch beleumundet ist. In der Neuen Zeit gab es einen Artikel, dass der Tatort, die Mittelstandsgesellschaft hat sich darüber beschwert, dass der Tatort Unternehmer als Verbrecher vor allem und darstellt. Ah ja, das hast du auch gelesen? Oder mitbekommen?

Zorn: Ja.

Frisch: Ihr bildet Verbrecher aus?

Zorn: Nein.

[Beide lachen]

Frisch: Ja, eben, wie geht das?

Zorn: Vielleicht nochmal einen Schritt zurück. Also wir nehmen uns in unserer Lehre nicht heraus zu sagen, so geht Unternehmerisches Denken Handeln, so geht innovieren, sondern wir schaffen in der Gründerwerkstatt Räume, in denen die Studierenden das selbst erfahren können. Also es geht bei uns auch viel darum, eigene Erfahrungen zu machen, sich auch kritisch mit seinem eigenen Handeln auseinanderzusetzen. Und ja, da haben wir einfach jetzt in den letzten vier Jahren jetzt mittlerweile auch über ein Projekt, über das wir finanziert wurden, das Exist Potentiale, viel Freiraum bekommen, um neue Lehrformate zu entwickeln. Und ja, die laufen jetzt, waren am Anfang natürlich ein Prototyp sozusagen. Und wir sind immer dran, die Stück für Stück anzupassen, so noch bessere Lehrerfahrungen zu ermöglichen für die Studierenden.

Frisch: Willst du einfach mal von der Entwicklung dieses Lehrformats berichten? Denn das ist ja das, worüber wir ganz wenig wissen, wie wir eigentlich Lehre handwerklich gestalten.

Zorn: Ja, sehr gerne. Also vielleicht nochmal kurz, wir haben zwei Lehrformate. Das eine Lehrformat ist ausgerichtet oder richtet sich an Studierende, die noch keine eigene Gründungsidee haben, die aber sich für Innovationsmethoden interessieren, die sich vielleicht auch für das Thema Unternehmerisches Denken und Handeln interessieren und die sind eben eingeladen, in diesem Lehrformat ohne eigene Gründungsidee Erfahrung zu sammeln. Und dann gibt es noch ein zweites Lehrformat, dort bewirbt man sich mit einer schon ganz konkreten eigenen Gründungsidee und bekommt dort Methoden und Ansätze an die Hand zu schauen, ob diese Idee Potenzial hat und auch ja, wie man diese Idee weiterentwickeln kann im Rahmen dieses Lehrformats. Neudeli Fellowship heißt das.

Frisch: Nehmen wir mal das erste. Ich habe so diffus Interesse an Unternehmertum, weiß aber noch gar nicht, was mein Betrieb werden soll. Mich interessiert es, ob das überhaupt — Wie ist das Handwerk des Unternehmens, Entrepreneurship, Innovation, wie geht das eigentlich? Was muss ich tun, damit alles eine gute Idee finden? Das ist gar nicht so einfach. Man kann ja auch sagen, das braucht kein Mensch, aber wozu soll das gut sein. Das ist alles ziemlich schwierig. Innovation ist ja nicht so ohne. Wie baut ihr da euer Seminar? Wie geht so was los? Erste Sitzung, zweite Sitzung? Darf ich mal so ganz kleinteilig fragen?

Zorn: Sehr gern. Es ist mittlerweile so, dass Institutionen oder auch Unternehmen auf uns zukommen mit einer bestimmten Herausforderung, die sie beschäftigt. Beispielsweise haben wir letztes Semester mit der Klassik Stiftung zusammengearbeitet und die stehen jetzt ein bisschen vor der Herausforderung, was die Digitalisierung mit dem Museum macht und was Museumsbesucher:innen auch von einem Museum der Zukunft erwarten. Gemeinsam mit dem Praxispartner formulieren wir dann eine oder zwei Challenges aus. Das sind eben ganz konkrete Herausforderungen in einem Satz. Beispielsweise, wie können wir Museumsbesucher:innen das Museumserlebnis der Zukunft ermöglichen? Und das wird dann…

Frisch: Das habt ihr so gemacht, jetzt?

Zorn: Genau.

Frisch: Und dann angeboten für Studierende.

Zorn: Ja, und das Schöne an unserem Lehrformat ist, aus meiner Sicht, dass wir komplett fächeroffen sind, also bei uns sind alle Studierenden, herzlich willkommen, die einfach Interesse entweder an dem Thema haben oder auch an dem Ausprobieren der Innovationsmethoden. Und es sind sowohl auch Bachelor- als auch Masterstudierende bei uns eingeladen, teilzunehmen.

Frisch: Wirklich übergreifend in jeder Hinsicht. Und dann kamen die alle zur ersten Sitzung, kamen da rein, haben ihre Taschen abgestellt und was dann?

Zorn: Ja, genau. Die kennen sich natürlich noch gar nicht. Das ist immer eine große Herausforderung, auch für uns als Dozentinnen. Ich mache das Lehrformat gemeinsam mit meiner Kollegin Charlene Wündsch. Dort erstmal eine Atmosphäre zu erzeugen, wo auch sich die Menschen erstmal kennenlernen, auch so ein bisschen Beziehungen aufbauen, zueinander ein Gefühl bekommen, mit wem sie es zu tun haben. Und ja, das ist auch tatsächlich so der Fokus in den ersten zwei Stunden wirklich erstmal mitzubekommen: Hey, wer ist hier noch in dem in dem Seminar?

Frisch: In den ersten beiden Sitzungen oder in den ersten beiden Zeitstunden?

Zorn: In den ersten beiden Sitzungen, genau. Das hatte ich gerade missverständlich ausgedrückt.

Frisch: Kein Problem, dafür sind wir zu zweit. Das ist tatsächlich, das habe ich jetzt öfters schon, Lehren ist Beziehung stiften. Man stellt da ein Beziehungsverhältnis her über mehrere Wochen, und das ist eigentlich auch ein großer Teil. Das ist auch eine Erfahrung, die ich teile. Wie macht ihr das?

Zorn: Ja, da gibt es ganz unterschiedliche Methoden, von ganz einfachen Warm ups, Teambuilding Spiele. Das klingt auch erstmal ganz lustig, aber - es ist auch oft ganz lustig. Aber es hat natürlich auch einen tieferen Sinn. Und wir versuchen auch immer mit den Studierenden, wenn wir es ausprobiert haben - manches gelingt auch mal nicht - zu reflektieren, was ist gerade passiert, wie fühlt ihr euch dabei, habt ihr die anderen ein bisschen besser kennengelernt?

Frisch: Gelingt auch manchmal nicht?

Zorn: Ja, also wir setzen ganz unterschiedliche Methoden ein. Tatsächlich auch über das ganze Semester hinweg, da kann ich dann gleich nochmal gerne drauf eingehen. Diese Methoden funktionieren manchmal in einem Kontext total gut oder mit einem Team total gut und mit dem nächsten Team klappt es nicht. Und das ist immer gar nicht so leicht zu sagen, warum genau, aber man lässt sich da einfach auch drauf ein, eben auch dort zu experimentieren, zu schauen, ob sich die Gruppe darauf einlässt, ob sie genug Vertrauen z.B. haben, dieses Warm-up oder diese Übung durchzuführen. So ist es für uns auch immer wieder spannend, was gerade wie in welchem Setting funktioniert.

Frisch: Das finde ich interessant. Also man hat Methoden und die sind irgendwie bewährt und beschrieben und vielleicht auch aus Handbüchern oder ist irgendwann in Handbücher gewandert, so ist es ja meistens. Und dann macht man das und dann machen die das nicht. Und jetzt sagt man: Was ist denn jetzt? Das ist Lehrerfahrung. Und die Erfahrung in der Lehre führt dazu, dass man irgendwie schon weiß, wie man rangeht. Man kann es aber gar nicht - man könnte das jetzt in die Methode gar nicht reinformulieren, was das eigentlich ist, wann es gelingt oder scheitert. Und dann ist man auf der Suche und versucht dann eben weiter: Wie ist das? Warum machen die nicht mit? Warum hat das nicht geklappt? Wir sind jetzt die dritte - immer noch keine Teams da, oder so. Und letztes Jahr hat es doch genau mit derselben Methode, plötzlich hatten wir Teams, schon die zweite Sitzung konnten wir weitermachen und so. Kennst du solche Erfahrungen?

Zorn: Ja, total. Das passiert tatsächlich immer wieder, obwohl man auch sagen muss, umso öfter man solche Formate durchführt, umso ein besseres Gefühl bekommt man, was man auch einer Gruppe zum Teil zumuten kann, wie weit man gehen kann, um sie vielleicht auch mal über eine Komfortzone hinweg zu bewegen, aber eben immer nur bis zu einem gewissen Punkt.

Und wir wollen natürlich auch nicht, dass sich jemand bei uns unwohl fühlt und letztendlich geht es ja immer auch das große Ziel. Wir haben eine Challenge, wir haben unseren Praxispartner und die Teams, ja, sollen eine Lösung entwickeln für diese Herausforderung. Und unsere Aufgabe ist es, dort zu überlegen, welche Methoden setzen wir ein, wie wollen wir den Prozess strukturieren, damit es den Teams gelingt, eine möglichst nutzerzentrierte, wertvolle Lösung für den Praxispartner zu entwickeln.

Frisch: Wie machst du das, aus der Komfortzone herausholen? Das ist eine große Frage, die ich mir immer wieder stelle in meinem Unterricht, wo es immer darum geht, wie fangen wir an, miteinander über den Gegenstand ins Gespräch zu kommen. Da habe ich immer wieder die Sorge, zu stark aus der Komfortzone, wie mache ich das, wie hole ich das? Was habt ihr da für Methoden, aus der Komfortzone zu bringen?

Zorn: Ja, z.B. mal die etablierten Tische wegräumen, den Raum anders organisieren und ja, mit einem Warm-up starten zum Beispiel, was bringst du heute mit ins Seminar, was die anderen nicht wissen? Und das ist auch oft ganz ganz spannend, weil man dann besser verstehen kann, warum eine Person z.B. heute ein bisschen demotiviert ist, warum sie gerade hin und wieder am Handy hängt, weil es vielleicht etwas ganz Wichtiges gerade noch zu klären gibt, was sie leider nicht im Vorfeld des Seminars klären konnte. Und das bedeutet einfach, dass man in dieser Gruppe Empathie aufbaut, wie es den anderen auch geht und gegebenenfalls ihnen sogar noch kurz helfen kann, dass es ihnen besser gelingt, wirklich jetzt hier zu sein im Seminar anzukommen und sich jetzt auf das Thema und die Seminarstunde einzulassen.

Frisch: Das ist ja klasse, das habe ich noch nie gehört, aber es leuchtet mir sofort ein. Also die erste Frage einmal in die Runde, was bringst du mit, was die anderen nicht wissen? Und dann ist alles im Raum.

Zorn: Beispielhaft. Natürlich muss nur jeder das teilen, was er möchte. Es geht nicht darum, dass man jemanden bloßstellt. Wenn jemand mal gar nichts sagen möchte, ist das auch total in Ordnung. Aber wir haben diese Erfahrung gemacht, dass kleine Warm-ups, die können auch ganz unterschiedlich aussehen, einfach helfen anzukommen und sich besser zu fokussieren.

Frisch: Das wäre so ein Warm-up.

Zorn: Genau, das wäre so ein Warm-ups. Da gibt es aber auch Warm-ups, die sind sehr körperlich, wo jeder mal zum Beispiel eine Fitnessübung vormacht und alle anderen machen nach. Oder, dass man mal kurz rausgeht und versucht mit so einer kleinen Regenrinne versucht einen kleinen Ball zu balancieren, so zwei Teams gegeneinander. Das kann auch manchmal Energie geben. Da gibt es ganz viele unterschiedliche Übungen. Man kann sich dann natürlich selber etwas ausdenken, die man einsetzen kann, um gut in so eine Stunde zu starten.

Frisch: Ah, ich verstehe. Ihr fangt damit Übungen an, die erst mal weder etwas mit der Klassik Stiftung zu tun haben, noch etwas mit der Digitalisierung zu tun haben. Auch nichts mit Museum usw. usw., sondern es geht eigentlich erst mal darum: Wir jetzt hier im Raum zusammen.

Zorn: Genau, ja. Und das schafft aber eine gute Grundlage, weil wie du vorhin auch schon selbst gesagt hast, es geht ganz viel ums Kommunizieren, ums Teilen. Und gerade in Innovationsprojekten geht es auch darum, dass die Gruppe „besser“ ist, in Anführungszeichen, als der Einzelne oder die Einzelne alleine. Also dass die Studierenden auch das Gefühl bekommen, diese Gruppenarbeit, die macht wirklich Sinn, weil ich alleine wäre nicht auf die ganzen Ideen gekommen oder hätte diese Beobachtung nicht durchgeführt und meine Gruppe ist wertvoll. Das setzt aber voraus, dass die Gruppe gut miteinander kommuniziert und auch einfach Empathie zeigt, Und deshalb sind diese Grundlagen sehr wichtig.

Frisch: Ist Lehren Teambuilding und dann letztlich so eine Art partielle Unternehmensführung irgendwie auch? Ist das ein Unternehmen, hat Lehre und Entrepreneurship was miteinander zu tun?

Zorn: Ja, finde ich schon, dass Lehre und Entrepreneurship etwas miteinander zu tun hat, in dem Sinne, dass man ja auch vielleicht etablierte Dinge mal miteinander verbindet, aber dadurch neue Erfahrungen in der Lehre entstehen für die Studierenden. Also, dass man immer wieder auch auf der Suche ist, Gelegenheiten nutzt, um Dinge besser zu vermitteln, um die Teams besser durch den Prozess zu führen. Und auch dieses Schöpferische der Lehrperson, finde ich schon, dass man das so sehen kann. Man ist selber eigentlich Innovatorin in dem Moment, um die Lehrererfahrung zu verbessern, um das Team zu unterstützen, mit dem Team die Challenge zu lösen, um natürlich auch dem Praxispartner glücklich zu machen am Ende.

Frisch: Ah ja, okay, das klingt ja wirklich wie eine Unternehmung. Man hat einen Auftrag, man stellt ein Team zusammen, dann bildet man dieses Team und dieses Team arbeitet dann gemeinsam unter der Anleitung der Führung, wer auch immer dann da führt, wahrscheinlich gibt es unterschiedliche Führungsebenen, arbeitet man an der Lösung des Problems. Das ist eigentlich eine Unternehmung. Keiner verdient Geld dabei, was man immer erst denkt. Unternehmer sind geldgierig und wollen und so. Aber nein, die unternehmen was gemeinsam. Das sind Unternehmungen.

Zorn: Die schaffen auch was gemeinsam.

Frisch: Schaffen auch was, ja. Schaffen Werte, setzen was um, bringen was in die Welt.

Zorn: Ja, also wir sind ja auch, wie gesagt, im Innovationsbereich tätig und da geht es auch ganz viel darum, Prototypen zu erschaffen. Also auch wirklich Dinge sichtbar zu machen, Gegenstände zu erstellen, mit Pappe, mit Lego, was auch immer.

Frisch: Ach, so spielerisch geht ihr ran. Ja, erzähl mir aus dem toten Werkzeugkasten mit Lego und Pappe usw. Was macht ihr da zum Beispiel?

Zorn: Ich kann ja nochmal ganz kurz auf den Prozess eingehen. Der ist eigentlich sehr spannend. Und zwar gibt es diese Challenge und wir geben dann den Studierenden diese Methoden an die Hand, die sich in der ersten Phase nur damit beschäftigen, den Nutzer und die Nutzerin besser zu verstehen. Wir wollen noch gar keine Lösung produzieren, sondern wir wollen den Kontext verstehen und was die Nutzerinnen und der Nutzer in diesem Kontext tun. Das heißt, die Studierenden sind im letzten Semester ins Museum gegangen. Sie haben beobachtet, sie haben mit Besucherinnen und Besuchern gesprochen, sie haben mit dem Aufsichtspersonal gesprochen. Sie haben aber auch mit Expertinnen und Experten gesprochen, die sich mit der Digitalisierung im Museum sehr gut auskennen. Und dort auch ein bisschen das Feld abgesteckt, was es auch in anderen Museen schon gibt, was gut ankommt, was nicht so gut ankommt.

Es geht wirklich darum, in dieses Feld einzutauchen, möglichst unvoreingenommen sich das Problem anzuschauen und ganz viele Erkenntnisse über die Beobachtungen von Menschen oder auch die Gespräche mit Menschen zu ziehen. Und mit diesem ganzen Wissen, was wirklich sehr facettenreich ist und was auch oft sehr viel ist, was die Studierenden auch manchmal überfordert, versucht man dann nochmal auf diese Herausforderung, also auf die Challenge zu schauen, gucken wir uns jetzt wirklich das Richtige an? Ist es die richtige Fragestellung? Da besteht auch noch mal die Möglichkeit, die Fragestellung umzuformulieren, die vielleicht noch einmal ein bisschen enger zu machen.

Um dann im zweiten Schritt dieses Semesters in die Phase zu gehen, in der ganz viele Ideen für diese Herausforderung entwickelt werden. Und da spielen natürlich auch ganz viele Kreativitätsmethoden eine Rolle. Also es geht darum, dass die Teams möglichst viele Ideen entwickeln, dass sie ganz breit aufmachen und dass sie dann die potenzialträchtigsten Ideen direkt im Prototypen umsetzen. Weil der Ansatz ist eben nicht, ewig im kleinen Kämmerchen vor sich hin zu grübeln, ob das jetzt eine gute Lösung wäre, sondern relativ niederschwellig die Ideen greifbar zu machen, anfassbar zu machen und mit den Nutzerinnen und Nutzern zu vertesten, um gleich wieder herauszufinden: sind wir auf der richtigen Spur, machen wir das richtige, löst unsere Idee wirklich ein Nutzer:innenproblem? Und deshalb spielen die Prototypen natürlich in diesem iterativen Prozess eine ganz, ganz wichtige Rolle. Und umso ausgereifter die Idee wird und umso mehr man auch über den Prototyp gelernt hat, umso mehr verfeinert sich dann auch der Prototyp.

Frisch: Wie geht denn diese Nutzertestung?

Zorn: Ich habe z.B. einen kleinen Prototyp aufgebaut. Lade eine Nutzerin oder einen Nutzer ein, gebe —

Frisch: Ins Seminar, oder wo?

Zorn: Ja, genau. Wir hatten Gäste eingeladen ins Seminar und dort wird dann ein Testszenario schon vorbereitet. Die Nutzerin, der Nutzer kommt rein und bekommt im Prototyp, spricht laut: Was denkt sie, wenn sie den Prototyp sieht? Was für Fragen ergeben sich? Und so kann das Team schon mitschreiben und lernen, was kommt gut an beim Prototyp, wo hat die Testperson Fragen, wo hat sie vielleicht auch Anregungen, was noch besser gemacht werden könnte. Und diese ganzen Erkenntnisse, aus diesem Testszenario fließen dann sofort wieder in einen neuen Prototyp ein.

Frisch: Wie oft macht ihr das in so einem Prozess, etwa?

Zorn: Zwei, drei Runden schon, ja. Es geht natürlich auch darum, dass die Studierenden lernen, dass man aus Iteration und aus Tests sehr viele wertvolle Informationen ziehen kann. Also, auch diese Erfahrung zu machen: Ich als Mensch muss nicht immer sofort alles wissen, ich kann auch andere fragen und daraus lernen, Dinge für mich weiterzuentwickeln.

Frisch: Verstehe.

Zorn: Und diese Einsicht, die kann man natürlich auch auf sich selber als Privatperson übertragen.

Frisch: Wie meinst du das?

Zorn: Na ja, auch dieses, wenn ich mal nicht weiter weiß, kann ich auch für mich in meinem Leben einen kleinen Prototyp bauen. Beispielsweise einfach mal eine Probestunde Yoga anbieten, weil ich die Yoga Ausbildung gemacht habe und nicht weiß, ob das jetzt wirklich was für mich ist, als Yogatrainerin zu arbeiten. Das ist dann praktisch der Prototyp. Und dann kommen eben die Gäste zur Yogastunde und danach kann ich die Gäste eben fragen: Was habe ich gut gemacht? Würdet ihr nochmal zu mir kommen? Um praktisch auch immer die Schwere aus der Entscheidung rauszunehmen und auch zu sagen, es ist total in Ordnung, wenn man jetzt mal scheitert, man kann es ja verändern und dann auch besser oder anders machen. Es muss nicht immer perfekt sein.

Frisch: Das finde ich jetzt gerade interessant, weil ich es nämlich falsch verstanden habe, aber auf einmal war es total lehrreich, dieses Missverständnis. Weil das Private habe ich anders verstanden. Ich habe gar nicht verstanden, dass das Private dann letztlich auch das Ausprobieren von einer Berufsgeschichte ist oder Berufsorientierung, sondern z.B. die Art und Weise, wie ich jemand zum Geburtstag gratuliere. Oder wie ich an der Wursttheke sage: Danke, das war alles. Oder wie ich begrüße oder in welcher Reihenfolge ich Dinge bestelle beim Obst usw. Wir sind ja alle mit so Alltags-, ich entsinne mich, dass ich als Kind - das ist mir genau dazu eingefallen, dass ich da immer Prototypen entwickelt habe: Guten Tag, ich hätte gern 100gr Schinken. Und dann legen die da irgendwie ein paar Scheiben hin und ich dachte: Das ist aber viel. Oder ich dachte: Oh, das ist aber wenig. Und dann habe ich das nächste Mal gesagt: Guten Tag, ich hätte gern vier Scheiben Schinken. Also, wo ich Prototypen ausprobiert, dann hatte ich ein Feedback und je nachdem wie viel Schinken ich mit nach Hause genommen habe, konnte ich im Verhältnis zu so viel wie ich haben wollte. Das ist alles Danke. Oder so Floskeln eigentlich so Alltags-. So etwas ist mir jetzt unmittelbar eingefallen. Und tatsächlich, ich kann damit sogar wirklich was anfangen, zu sagen, wir sind dauernd am Prototypen basteln und testen und ändern und weitermachen. Und das hat ja sehr viel mit Lernen zu tun und irgendwie auch mit Lehre. Vielleicht ist man da seine eigene Lehrperson, ich weiß es nicht genau.

Aber was ich jetzt interessant finde ist, dass jetzt für mich dabei was herauskommt, das ich wirklich unternehmerisch nennen würde. Wo dann der Lehrprozess im Seminar eine unternehmerische Handlung ist. Also, fast eigentlich auch wie auf so einer Reise, da geht eine Gruppe los und löst ein Problem. Da gibt es eine Expedition, oder du nennst es die ganze Zeit Challenge, und findet raus, was funktioniert. Und ist die ganze Zeit im Austausch und im Prozess mit Gästen oder Kunden oder wie immer man das nennt oder eben in so Feedbackschleifen seiner Umwelt. Und dann findet man immer raus, wer bin ich, wer sind meine Impulse, wann verfangen die, wann kriege ich die zurück, wann gehen die kaputt usw. Ist ein dauernder… so ein dauernder, so ein Milieu. Man kann es auch als Ökosystem beschreiben oder was auch immer, aber ein Unternehmerisches Handeln ist irgendwie sehr nah am Seminar, ist sehr nah am Lernen und Lernen. Innovation ist ein Lernprozess, oder?

Zorn: Ja, auf jeden Fall. Wir reden da auch oft über diese Learning Journey, die bei uns eine wichtige Rolle spielt. Das ist natürlich jetzt ein englisches Wort. Aber ja, also eine Lernreise, Lernerfahrung. Und das spielt bei uns auch eine große Rolle, immer wieder Raum zu geben, diese Erfahrung zu reflektieren. Weil wir sind, und das ist der Unterschied zu einem Unternehmen, das auch so einen Innovationsprozess oft einsetzt. Unsere Methoden, die wir verwenden, sind dem Design Thinking angelehnt. Das ist eben ein Innovationsprozess, der auf etablierten Methoden fußt, der über verschiedene Phasen läuft und der auch wirklich in Unternehmen in Innovationsabteilungen sehr oft eingesetzt wird.

Unser Unterschied ist natürlich, dass wir aber immer noch an der Universität die Lehre machen und wir wollen natürlich auch Raum geben, zu reflektieren und dort eigene Schlüsse zu ziehen. Also dieser wirtschaftliche Druck, dieses: Das Innovationsprojekt muss jetzt was werden, wir müssen damit Geld verdienen. Das haben wir zum Glück nicht. Und das ist auch das Schöne, dass wir einfach den Prozess ein bisschen offener gestalten können, immer mal wieder aus dem Prozess heraustreten, mit den Studierenden gemeinsam draufblicken: Was ist jetzt gerade passiert? Was haben wir gemacht? In welcher Phase sind wir? Und so den Studierenden diese Lernreise zu ermöglichen.

Frisch: Ich musste gerade auch an die Heldenreise denken. In der Literatur gibt es ja oft so Reisen und dann ist da so ein Team unterwegs. Ganz ähnlich könnte man das Seminar beschreiben, wie wir es jetzt bisher so skizziert haben. Innovation ist ja Lernen. Ich lerne etwas, das heißt, es ist ja irgendwie ein Innovationsprozess. Etwas, was ich bisher noch nicht kannte. Wenn ich was kenne, lerne ich es ja nicht, ich mache es ja einfach nur. Aber lernen ist ja immer ein Innovationsvorgang. Und tatsächlich ist das auch eine Herausforderung, von der ich mich als Lehrperson immer wieder sehe. Wie interessiere ich eigentlich die Leute für das, was ich da anbiete? Ich habe ja ein Angebot. So, jetzt die Romantik, wir wollen über Romantik sprechen. Gähn. Ja, aber ist doch interessant. Und jetzt müssen die sagen, ich kaufe es, oder die kaufen es nicht und kommen gar nicht.

Zorn: Ja, das ist schon eine Herausforderung. Wir selber denken natürlich, dass unser Angebot mit das Spannendste ist. Ich glaube, wie fast jeder Dozent oder jede Dozentin sich natürlich auch viel Mühe gibt, das alles vorzubereiten. Wir merken aber auch, dass es in unserer, ja, in der Welt, in der sich Studierende bewegen, oft auch natürlich um Credits geht, den Abschluss, dass deshalb für diese Zusatzmodule, wie es unser Lehrangebot auch ist, nicht immer Zeit ist. Deshalb haben wir jetzt auch keine 100 Leute, sondern wir haben meistens eine Gruppe von so fünfzehn, sechzehn Studierenden. Das Schöne ist, diejenigen, die zu uns kommen, haben sich proaktiv dafür entschieden. Die haben Lust und sind motiviert. Und das ist natürlich für mich schöner, als wenn jemand verpflichtet wird, zu mir zu kommen und ich eigentlich schon merke, dass er oder sie mit den Gedanken ganz woanders ist.

Frisch: Also Lehre ist für dich eine erfüllende Tätigkeit?

Zorn: Ja, zu einhundert Prozent.

Frisch: Ah ja, tatsächlich?

Zorn: Ja, auch der Umgang mit jungen Menschen und immer wieder auch mitzubekommen, was interessiert die, was sind deren Werte? Ganz, ganz interessant. Auch das Thema Vegetarierin, Vegetarier, Fleischesserin, Fleischesser, solche kleinen Dinge bekommt man dann am Rande mit, wie sich das auch gewandelt hat, dass die Studierenden eigentlich zu fünfundachtzig Prozent kein Fleisch mehr essen. Und wir einmal einen Praxispartner hatten, der hat es ganz gut gemeint, aber der hat dann leider die Suppe mit Fleischeinlage gebracht und die hockten dann alle da und aßen so ihre trockenen Semmel, weil keiner eben an diese Suppe rangegangen ist. Und so hat man eben ganz viele Situationen, wo man einfach mit jungen Menschen zu tun hat. Und dadurch finde ich, auch ein bisschen am Puls der Zeit bleibt, was da so wichtig ist.

Frisch: Ja, das teile ich zu einhundert Prozent, das ist auch meine Lust und Freude an der Lehre. Fünfzehn Leute kommen und wenn diejenigen, die kommen wollen, werden nicht verpflichtet. Das ist vielleicht auch schon das Glück der Hochschullehre. Was ich gerade ganz interessant finde, die Perspektive Lehre, Seminar, Lehrveranstaltungen als Unternehmung zu konzipieren und zu denken, das gefällt mir sehr gut. Zunehmend auch immer mehr, weil es eine Perspektive ist, die eine andere ablöst. Das war immer so ein bisschen die frustrierendere. Ich biete etwas an und die anderen kaufen es oder nicht. Oder die anderen lassen ein Like da oder nicht. Also könnte man jetzt sagen, oder passt schon? Manchmal habe ich dieses Here we are, now entertain us Gefühl, also ich muss hier vorne was bieten, sonst haben die kein usw. Das ist eine blöde Haltung. Die ich dann irgendwann gemerkt habe, ich muss das einfach anders machen, ich bin hier nicht der Marktschreier, ich verkaufe hier nicht. Das war ja früher so, Vorlesungen usw., Vorlesungsgeld, man konnte davon leben oder nicht. Entsprechend hatte das etwas mit Quoten zu tun. Das haben wir Gott sei Dank nicht. Gleichzeitig haben wir es dann über drei, vier, fünf Ecken dann eben schon wieder, weil warum kommt denn keiner und so und so. Und außerdem ist es ja auch nicht beglückend.

Es frustriert ja, wenn man sagt, warum wollen die eigentlich nicht mitmachen. Aber als Unternehmung reingehen, zu sagen, hier jetzt haben wir schon mal von der Romantik gehört, warum eigentlich nicht? Bleiben wir wieder bei dem Thema, weil es vielleicht ein bisschen altbacken ist und so ein bisschen literaturwissenschaftlich daherkommt, vielleicht ein bisschen verstaubt und trocken. Und dass man sagt, warum eigentlich nicht? Dass man dann irgendwie aufmacht und die anderen sagen, weil es mich nicht interessiert. Und dann kommt wieder dieses - und das finde ich wirklich interessant, dieser Punkt mit dem Interesse. Das spielt ja in Unternehmungen und in Unternehmen, wir sagen immer Motivation, aber manchmal denke ich, es ist vielleicht doch Interesse ist vielleicht auch ein schönes Wort dafür. Wie erzeuge ich eigentlich Interesse? Ist Interesse ein Produkt oder wie ist es in deinen Lehrerfahrungen? Was ist das eigentlich mit dem Interesse? Hast du da Erfahrung zu diesem?

Zorn: Also bei uns dadurch, dass die Studierenden eben freiwillig zu uns kommen, ist einfach schon ein großes Interesse entweder am Thema oder an den Methoden gegeben. Und das merkt man auch, dass die sehr neugierig sind, sich auch darauf einzulassen und wir uns gar nicht als Marktschreier oder sonst was sehen, sondern wir sind Prozessbegleiterinnen. Wir versuchen, den Prozess zu strukturieren, wir kommunizieren aber auch das Ergebnis, dafür seid ihr verantwortlich. Also wir reden denen nicht rein, was jetzt die richtige Lösung ist. Wir versuchen, sie durch die Methoden zu bringen und mit ihnen gemeinsam auch mal zu schauen, wenn eine Methode mal nicht so gut funktioniert: Okay, was könnte jetzt eine alternative Methode sein, damit ihr jetzt ein Stück vorwärts kommt?

Und wir sind auch ganz oft Motivatorinnen tatsächlich, weil dieses Thema Heldenreise, das spielt bei uns schon auch eine Rolle, dass es immer wieder auch in ähnlichen Phasen diese Tiefs gibt in den Teams. Und wir müssend Ann schon auch, wir sagen dann: Vertraut dem Prozess, geht jetzt mal einen Schritt weiter, ihr werdet sehen, eure Knoten im Kopf, die lösen sich auf! Um einfach immer mal wieder Mut zu machen. Wenn die Teams mal down sind, weil irgendetwas mit den Interviews nicht geklappt hat, oder weil sie sich nicht auf eine Idee einigen können im Team. Oder weil gerade alles ein bisschen überfordernd ist, dort einfach zu unterstützen und auch die Zuversicht zu vermitteln. Und oft löst sich dann wirklich der Knoten und dann zum Ende des Semesters hin, merkt man richtig, wenn es auf die Abschlusspräsentation zugeht, wie dann nochmal die Dynamik steigt und wie dann auch die Begeisterung für das Erschaffene im Team wirklich so übersprudelt. Und Wir hatten es noch nie, dass am Ende nichts rausgekommen ist. Die Studierenden haben oft Angst, wenn sie zu uns kommen und wir erstmal sagen: Wir wollen jetzt erst mal vier Wochen nicht über Lösungen sprechen für diese Herausforderung.

Weil wir sind einfach auch von unserer eigenen Schulbildung, also wir sind so geprägt, dass wir ein Problem bekommen und wir müssen sofort eine Lösung präsentieren. Und das auszuhalten, dass Dinge auch irgendwie mal ja von Ambiguität oder so kennzeichnet sind, das ist für Studierende sehr, sehr schwer, weil sie doch immer dieses Thema ECTS und Note im Nacken haben und eigentlich schon in der ersten Stunde schon die Lösung präsentieren möchten. Und auch immer schon wissen wollen, worauf bekomme ich jetzt die Note und wie sieht das aus? Und dann wirklich erstmal zu sagen: Nein, jetzt erstmal noch keine Lösung. Wir schauen uns erst einmal nur das Problem an und verstehen den Kontext.

Das ist für den einen oder die andere schon sehr frustrierend Da muss man einfach dabei bleiben und sie bestärken, sich darauf einzulassen.

Frisch: Okay, das ist interessant. Es darf ruhig mal sein, dass ihr durch ein Feld des Frusts lauft.

Zorn: Das ist normal, ja.

Frisch: Und dann seid ihr die Vertrauen Zuversicht und, das finde ich schön, die Vokabeln, die du gerade aufgerufen hast, Vertrauen, Zuversicht und Mut gebt, sodass Lehrpersonen gar nicht nur Wissen vermitteln, sondern auch Vertrauen Zuversicht und Mut.

Zorn: Ja, und dass man es auch ernst nimmt, dass die Studierenden dort ein Team sind. Und das kam mir oft tatsächlich in meiner eigenen Erfahrung an der Universität zu kurz. Dass es immer hieß: „Teamarbeit ist wichtig, das braucht ihr später, ihr seid jetzt ein Team, Bitteschön, hier ist eure Aufgabe, viel Spaß.“ Und man wollte mit diesen häufig schwierigen Konstellationen allein gelassen. Und wer kennt das nicht? Am Ende hat halt eine Person die gesamte Hausarbeit für fünf Personen geschrieben, weil die anderen alle im Urlaub waren oder keine Zeit hatten oder kein Interesse. Und da haben wir gleich gesagt, das möchten wir anders machen.

Weil natürlich geht es vor allem auch darum, die Teams zu bestärken und sie auch zu unterstützen, eigene Routinen zu entwickeln, um ihre eigene Teamarbeit zu verbessern. Und oft wissen die einfach nicht, was sie machen können. Die wissen schon, dass irgendwas nicht gut läuft, aber sie sind so ein bisschen hilflos. Und dann gibt es einfach bei uns gibt es immer noch Phasen, in denen wir sagen, heute schauen wir uns einfach mal eure Teamarbeit an. Da gibt es verschiedene Methoden, die man dort einsetzen kann, um auch mal Probleme hervor, dass sie schaffen, über Probleme zu sprechen.

Frisch: Das wollte ich gerade fragen. Wie geht das? Zum Beispiel eine Methode?

Zorn: Na ja, dass jeder mal für sich selber überlegt, was sind meine Stärken, was sind meine Schwächen und wie bringe ich die jetzt gerade in diese Arbeitsphase ein? Dann natürlich auch so Themen, was sind unsere Arbeitsleitlinien, die wir für uns formulieren können. Wie können wir anderen zeigen, wenn sie diese Linien verletzen? Wie geben wir uns gegenseitig vertrauensvolles Feedback, um gemeinsam besser zu werden? Also nicht dieses so vor den Pranger stellen, so, ach Mensch, du warst ja jetzt schon wieder nicht zu unserem Treffen oder bist zu spät gekommen, sondern eher auch so, okay, warum war es z.B. so? Ah okay, du musstest für deinen Chef irgendwas machen? Dann suchen wir uns einfach einen anderen Termin, du musst aber mit uns kommunizieren und uns das auch mitteilen. Also am Ende geht es eigentlich immer Kommunikation, wie schaffen wir es, dass Kommunikation gelingt. Sowohl im Team als auch mit den Praxispartnern dann, die natürlich auch gewisse Erwartungen haben an das Endergebnis. Aber auch Kommunikation mit uns als Dozentinnen. Fehlen den Teams irgendwelche Infos, die sie brauchen, gut arbeiten zu können, dann müssen wir das eben erfahren. Und so kann man immer mal wieder Dinge einbauen, Räume schaffen in der Lehre, wo genau solche Kommunikation dann auch stattfinden kann.

Frisch: Total interessant. Das sind alles Methoden aus der Beziehungsarbeit, die da eine Rolle spielen, und leuchtet mir total ein. Das deckt sich auch mit meinen Erfahrungen. Gelingende Seminare, gelingende Seminarsituation, da gelingt die Beziehungsarbeit, da gelingt die Kommunikation usw. Das finde ich auch sehr schön. Was du gerade beschrieben hast, wenn einer dauernd nicht kommt, anstatt loszurumpeln, selber Schuld und weiß ich nicht. Da geht es ja dann immer gleich um Schuld. Oder ich fühle mich persönlich angegriffen oder solche Geschichten. Dann geht es immer darum, wer wer hat wen verletzt, wer muss jetzt? Stattdessen zu sagen, was sind eigentlich die Gründe? Warum kommen wir gerade nicht weiter?

Wir sind es doch. Also immer wieder dieses Vertrauen, Mut und Zuversicht. Wir sind es doch hier zusammen, wir wollen eine Reise machen oder so was, und dann läuft das Seminar irgendwie. Das finde ich gerade sehr schön. Jetzt hast du die Praxispartner gerade wieder genannt, jetzt können wir wieder hinkommen, zur Challenge. Also die Klassik Stiftung, gehen wir zum Modell, also zu diesem Beispiel zurück. Die wollen da also da was mit dem Museum machen und jetzt haben wir das alles gemacht usw. in dem Seminar. Da haben wir gerade sehr viel gesprochen. Dann kommen die Praxispartner, oder ist es so? Ich weiß es nicht. Und dann ist der Kontakt wieder da. Oder wie ist der Kontakt mit den Praxispartner:innen?

Zorn: Der läuft über das ganze Semester tatsächlich.

Frisch: Ja, erzähl mal.

Zorn: Ja, also die sind beim Kick Off dabei. Stellen, je nach Praxispartner, je nachdem wie viel Zeit ich auch haben, die Aufgabe vor, geben Hintergrundinfos, aber sie fungieren im Zuge des Semesters auch als Fachexpertinnen und -experten.

Frisch: Wie sieht das aus, konkret?

Zorn: Bei der Klassik Stiftung ganz konkret wurden eben dann Menschen benannt, die bei der Klassik Stiftung arbeiten und sich in ihrer Arbeit auch mit dem Thema Digitalisierung beschäftigen. Und auf die konnten die Teams dann direkt zugehen, wenn es Fragen gab oder auch, wenn ja, weitere Interviewpartnerinnen gewonnen werden sollten, dann waren auch die Kolleg:innen von der Klassik Stiftung Ansprechpartner, um wiederum neue Interviewpartner:innen zu finden. Also es ist wirklich so, dass wir auch im Vorfeld versuchen, diesen Auftrag möglichst gut zu klären. Also wir als Dozentinnen mit dem Praxispartner, damit genau solche Unsicherheiten oder auch falsche Erwartungshaltungen an die Sache gar nicht erst aufkommen.

Wir sagen auch, dass jetzt die Studierenden keine ausgelagerte Innovationsabteilung des Unternehmens sind, sondern es sind Studierende in einem Lehr-Lern-Kontext an der Universität, die werden Dinge produzieren, die stehen dann auch dem Praxispartner zur Verfügung. Aber es ist eben kein typisches Auftragnehmer-/Auftraggeberverhältnis. Und so schaffen wir es auch, dass einfach diese Erwartungshaltung der Praxispartner an die Studierenden und an das Ergebnis angemessen ist, sage ich jetzt mal.

Frisch: Habt ihr eure Lehrveranstaltungen ohne Praxispartner?

Zorn: Ja, wir haben das gleiche Modul auch schon mit eigenen Challenges durchgeführt.

Frisch: Und wie macht ihr die dann? Ist das dann so erfundene Challenge oder wie sieht so etwas aus?

Zorn: Ja, wir hatten z.B. mal das Thema Biodiversität. Das ist ja etwas, was uns als Gesellschaft betrifft, dass eben die Biodiversität zunehmend sinkt. Und dort haben die Studierenden auf die Challenge gearbeitet. Wir haben uns die ausgedacht und überlegt und die Studierenden haben sich eben der Herausforderung angenommen. Mit Praxispartnern ist es aber fast noch ein bisschen spannender, weil man dort eben diese fachliche Komponente zum einen drinnen hat und nicht noch abdecken muss als Dozentin. Und zum anderen ist es auch schön, dass man mit einer Lehrveranstaltung und mit den Studierenden für Akteure hier in unserem direkten Umfeld auch einen Mehrwert bieten kann. Und da merken die Studierenden auch oft, dass sie irgendwie selbstwirksam sein können. Wenn sie Dinge tun, verändern sich auch Sachen im Umfeld. Das finde ich auch persönlich eine ganz wichtige Erkenntnis, die man in so einem Lehrformat gewinnen kann, weil in der heutigen Welt, die natürlich oft auch überfordernd ist und sehr, sehr unsicher in vielerlei Hinsicht, ist dieses Selbstwirksamkeitsempfinden glaube ich, ein ganz wichtiges.

Frisch: Ah, es geht gar nicht nur darum, die Gesellschaft voranzubringen, sondern es ist auch ein Teil der Lehre oder dieser Seminare ist auch Persönlichkeitsbildung, Stärkung, Kräftigung, solche Dinge enthalten?

Zorn: Ja, auf jeden Fall. Das würde ich mit als Hauptaspekt sehen.

Frisch: Ah ja, diese Projekte sind auch Ermutigungsprogramme für unternehmerisches Handeln. Ich lerne, dass ich selbstwirksam bin und trau mich künftig, also traue ich mich auch jetzt schon, das ist ja auch bei euren Seminaren so, da unternehmerisch tätig zu werden und Projekte umzusetzen. Ich gehe was an.

Zorn: Ja, genau, das hast du wirklich sehr schön ausgedrückt, weil oft hat man ja so dieses Bild im Kopf: Unternehmerisches Denken und Handeln, da geht es jetzt nur darum, irgendwie richtig Denken und Handeln, da geht es jetzt nur darum, irgendwie richtig viel Kohle zu machen auf Kosten anderer Menschen. Und wir haben halt einen ganz anderen Ansatz, der sich eher darin spiegelt, dass man Dinge tut, dass man Dinge verändern kann, dass man aber auch und Mitstreiterinnen und Mitstreiter gewinnen muss oftmals für eine Sache. Und egal, ob die Studierenden dann später sagen, ich will mich selbstständig machen, ich gründe, oder auch: Ich gehe in ein Unternehmen oder in einen Verein oder wo auch immer.Speaker 2

Frisch: Ich wollte gerade sagen, gesellschaftliches Handeln ist ja politisches Handeln. Weil man ja in der Polis, in der Gemeinschaft, wenn man so will, das kann man ja alles auch herleiten, etwas unternimmt. Da muss doch einer etwas unternehmen, schon wird man unternehmerisch tätig, oder?

Zorn: Ja. Und auch oft, wenn man jetzt abseits der Uni schaut, warum sind Leute irgendwann mal tätig geworden? Dann ist es ja oft, weil sie ein Problem erkannt haben und irgendwann für sie selber dieser Druck so groß war: „Das gibt es doch nicht, dass da irgendwie niemand was macht. Wenn niemand was macht, muss ich es jetzt machen!“ Und daraus entstehen ja ganz viele tolle gesellschaftliche Projekte in unserem Umfeld. Also es muss nicht immer darum gehen, dass man damit Geld verdient, sondern da gibt es auch viele Dinge in der Gesellschaft, die man mit so einem Ansatz verbessern kann.

Frisch: Also, so Problem, Challenge, Herausforderung ist eigentlich so ein Feld, aus dem heraus eine Bewegung des Tätigwerdens entstehen kann. Und das könnte man dann als unternehmerisches Handeln auch — Dann ist es erfolgreich, wenn sich sich in der Welt realisiert und weitergeht, was Neues entsteht oder was was sich verändert usw. Das passt ja zu den ganzen Dingen, die wir alle gerade wollen. Wir wollen was verändern und dauernd ist die Rede davon, so kann es nicht weitergehen usw. usw. Und dann gibt es noch dieses zweite Seminarformat, wenn wir ein bisschen überziehen, dann haben wir noch Zeit, wenigstens haben wir noch fünf Minuten.

Da ist es, glaube ich dann dann anders, aber das brauchen wir dann gar nicht mehr so lange machen. Ich glaube, das habe ich ganz gut verstanden. Da kommen die Leute dann schon selber mit einer Unternehmensidee. Da ist der Praxispartner sozusagen in den Teilnehmern selber enthalten, oder? Kann man das so sagen?

Zorn: Genau. Es gab zuerst das Start-up Programm Neudeli Fellowship, was wir halbjährlich ausloben und wo sich Studierende, Alumni, aber auch Mitarbeiter:innen der Uni mit einer Gründungsidee bewerben können. Die durchlaufen da eben einem Bewerbungsprozess. Wenn sie sich durchsetzen, sind sie Teil dieses Programmes für sechs Monate.

Und wir haben über die Bauhaus-Module die tolle Chance erhalten, dieses Lehrformat auch in den Bauhaus-Modulen zu platzieren, sodass Studierende, die noch auf ECTS angewiesen sind, aber schon einer Idee arbeiten, auch ECTS bekommen können. Und dort geht es wirklich ganz konkret darum, mit den Teilnehmenden an ihren Gründungsideen zu arbeiten.

Wir bieten da verschiedene Workshops an und da sind dann eher diese klassischen Themen: Wie entwickle ich ein Geschäftsmodell? Wie finde ich heraus, was meine Zielgruppe wirklich von mir und meinem Produkt möchte? Wie mache ich gutes Marketing, wie baue ich eine Marke auf, wie schütze ich meine Idee?

Genau das sind dann die klassischen Themen, die wir in der in der Gründerwerkstatt Neudeli natürlich auch über Beratungen und Coachings abbilden, aber dort eben nochmal in einem strukturierten Format auch.

Frisch: Und dieses Bauhaus-Modul ist dann wirklich eine Lehrveranstaltung, wo alle Teilnehmenden das Team sind, das jeweils wechselnd für die eine oder andere Idee arbeitet oder stelle ich mir das so vor?

Zorn: Nein, jede Teilnehmerin, jeder Teilnehmer hat die eigene Idee dabei und arbeitet an der eigenen Idee.

Frisch: Und was macht dann die Seminargruppe?

Zorn: Nee, alle Teilnehmenden haben wirklich eine eigene Idee. Das ist die Zugangsvoraussetzung. Also ich kann dort nur teilnehmen, wenn ich eine eigene Idee mitgebracht habe und wenn ich in das Neudeli Fellowship aufgenommen wurde.

Frisch: Ja, ich glaube, da bin ich jetzt irgendwie zu dumm, das zu verstehen. Wie wird dann ein Seminar draus?

Zorn: Na ja, also wir sind ja dann eine Gruppe, wo sechs bis zehn Leute mit unterschiedlichen Ideen teilnehmen. Und für die haben wir eben ein Programm aufgebaut, was diese sechs Monate geht und die müssen dort auch verschiedene Aufgaben erfüllen und bekommen dafür zum Abschluss ihre Note.

Frisch: Lernen die dann miteinander oder ist das individueller? Wie stelle ich mir das vor?

Zorn: Die lernen sowohl individuell als auch miteinander, weil wir dort auch so eine Peer Group Learning Komponente drin haben.

Frisch: Was ist das?

Zorn: Das heißt, wir geben eine Fragestellung rein. Zum Beispiel: Was ist deine Vision, was möchtest du in der Welt verändern mit deiner Gründungsidee? Und dann treffen sich immer Tandems und die tauschen sich dann dazu aus, wie sie das so sehen, wo sie sich hin entwickeln wollen. Also auch dieses Format hat wieder ganz unterschiedliche Komponenten.

Frisch: Sehr schön. Ja, die Zeit ist leider zu Ende, aber ich habe sehr viel gelernt über diese beiden Grundformate, die ihr da anbietet. Vielen Dank, liebe Josephine.

Zorn: Ja, herzlichen Dank nochmal für die Einladung.

Outro: Das war Zwischen Magie und Handwerk. Ein Podcast über Lehre und Lernen an der Bauhaus Universität Weimar. Neue Folgen erscheinen wöchentlich auf allen gängigen Podcast Plattformen. Abonniere den Podcast, keine weitere Folge zu verpassen.

Neuer Kommentar

Dein Name oder Pseudonym (wird öffentlich angezeigt)
Mindestens 10 Zeichen
Durch das Abschicken des Formulars stimmst du zu, dass der Wert unter "Name oder Pseudonym" gespeichert wird und öffentlich angezeigt werden kann. Wir speichern keine IP-Adressen oder andere personenbezogene Daten. Die Nutzung deines echten Namens ist freiwillig.