Ep. 02 – Gespräch mit Eckhard Kraft

Shownotes

In dieser Episode unterhalten sich Simon Frisch und Eckhard Kraft darüber, wie man als Ingenieur*in durch Wahrnehmungsübungen die Welt neu sehen kann und welches Potenzial in fächerübergreifender Lehre steckt.

Welches Wissen wird vermittelt - und wie? Eckhard Kraft erzählt von seinen Wanderungen zwischen den Welten, wie Regenwälder klingen können, wie er durch die Zucht von Spinnen und Insekten früh Achtsamkeit gelernt hat und warum er seinen Studierenden Wahrnehmungsübungen mitgibt. Mit Lehrformaten wie der integrierten Vorlesung, Exkursionen und interdisziplinären Projekten steht der Austausch im Mittelpunkt - zwischen Lehrenden und Lernenden, aber auch zwischen unterschiedlichen Disziplinen. So kann in einer Kooperation zwischen Kunst und Ingenieurwissenschaften die Frage aufgeworfen werden, welches Potenzial ein Kaffeebecher hat, wenn er als „Grenzobjekt“ zwischen Kunst und Umwelttechnik betrachtet wird.

Unser Host: Dr. Simon Frisch ist Vizepräsident für Lehre und Lernen an der Bauhaus-Universität Weimar und er leitet die Dozentur für Film- und Medienwissenschaft. Er interessiert sich besonders für die spezifische Praxis der Theorie und für die ostasiatischen Wegkünste sowie die Spaziergangswissenschaft als Perspektive und Methode in Lehre und Forschung.

Mitwirkende: Host: Simon Frisch Sound-Design und Schnitt: Jonas Rieger, Laura Khachab, Moritz Wehrmann Musik: Sebastian Lederle Artwork: Andreas Wolter Ton und Technik: Moritz Wehrmann, Zaryab Chaudhry Marketing und Social Media: Claudia Weinreich, Marit Haferkamp Juristische Beratung: Laura Kister Digitale Barrierefreiheit: Christiane Hempel Transkript: Laura Khachab Produktion: Nicole Baron Distribution: Jonas Rieger, Ulfried Hermann

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Ep. 2 – Eckhard Kraft

Eckhard Kraft – EK

Simon Frisch – SF

SF: Okay, ja, dann fangen wir an, okay? Läuft. Ja, das Mikrofon ist aufgegangen und wir treten auf. Beginnen wir mit ein paar Worten zu den handelnden Figuren, die hier in den nächsten fünfundvierzig Minuten sprechen. Wer sind wir hier überhaupt und als wer sprechen wir hier? Wir sind ja immer sehr viele, wir haben verschiedene Rollen.

SF: Wir haben, wir sind Kinder unserer Eltern, wir sind Geschwister unserer Geschwister, wir sind irgendwie Schüler unserer Lehrer gewesen und so weiter und so weiter. Ich bin Dozent und Vizepräsident, Vizepräsident für Lehre und Lernen.

SF: Mein Name ist Simon Frisch. Und als diese beiden bin ich vielleicht hier, die sich beide, als die ich hier bin, für Lehre besonders interessieren. Ich lehre seit zehn Jahren an der Bauhaus Universität und seit fünfundzwanzig Jahren überhaupt an Universitäten und weiß immer noch nicht so richtig, was das eigentlich ist. Und deswegen freu ich mich, dass wir heute darüber sprechen. Also wer sind Sie denn hier in den nächsten fünfundvierzig Minuten?

EK: Ja, vielen herzlichen Dank für die Einladung. Ich bin Eckhard Kraft und hoffentlich bin ich in erster Linie Mensch. Und vielleicht ist das auch mein Kompass, Menschlichkeit. Vielleicht ist es so, wie mich meine Verwandten benennen. Ich bin ein Wossi, ich trage zwei Gesellschaften in mir, fünfundzwanzig Jahre Sozialismus. Drei Jahre Luftwaffe, in Dresden studiert, in Essen, also im Ruhrgebiet, im Ingenieurbüro gearbeitet, an der Gesamthochschule Essen maßgeblich promoviert, in Kanada in der schönen großen Stadt Edmonton geforscht und nun aber doch schon über zwanzig Jahre an der Bauhaus Universität in Weimar.

SF: Mhm.

EK: Und deswegen vielleicht doch so diese zwei Seiten und diese vielleicht nicht zufällige und doch zufällige Rückkehr. Ja, Rückkehr mit meiner Frau, die vom Niederrhein ist und mit einer Tochter, die nun wieder in Weimar geboren ist.

SF: Mhm.

EK: Vielleicht trage ich beide Gesellschaften in mir und vielleicht merkt man das auch in dieser Aufzählung. Ich gehöre also doch zu dieser Generation der ostdeutschen Nomaden. Ich würde sagen, die Neugier auf andere Welten ist mir erhalten geblieben.

EK: Und was hilft mir dabei? Schon als Kind hab ich Insekten und Spinnen gezüchtet.

SF: Ach was.

EK: Ich bin ein Bird Watcher. Und diese Art von Aufmerksamkeit legt man, glaub ich, nie ab.

SF: Ja.

EK: Ich wiederum liebe Wasser, das schließt tagelang Regen in Regenwäldern ein.

SF: Aha, in Regenwäldern. In Regenwäldern. Sie sind auch in Regenwäldern unterwegs?

EK: Gewesen.

SF: Ja?

EK: Ja, in jungen Jahren, ja. Und da eben auch in gemäßigten Regenwäldern, wo es also, auch wenn's regnet mal kalt sein kann, wo aber auch Ruhe herrscht, wo Regentropfen laut sind, Krach sind - weil's drum herum so schweigend ist. So wunderbar ruhig. Genau.

SF: Und da waren Sie lernend, lehrend, also hatten Sie da irgendeine Profession, eine Mission oder war das Ihre eigene?

EK: Das war meine eigene auf dieser Suche als Nomade nach fünfundzwanzig Jahren Sozialismus, die Welt mal außerhalb Mittel- und Osteuropas zu entdecken.

SF: In der Lehre spielt da, spielt da die Sozialisation, also dieser Wanderer zwischen den Welten eine Rolle und inwiefern merken Sie das manchmal?

EK: Na ja, ich würde sagen, es spielt eine Rolle dahingehend, als dass eben zweierlei Erfahrungswerte in einem stecken. Und so, wie ich in manchen Forschungsprojekten im Ausland sage, jedes Projekt ist sozial, dann spielt das natürlich eine Rolle.

SF: Mhm.

EK: Wie man sozialisiert ist. Und wenn man sein Fach, mein Fach ist 'n angewandtes Fach, mit Studierenden bespricht, dann sind diese unterschiedlichen Erfahrungshorizonte, glaub ich, auch Teil von geteiltem Erfahrungswissen.

SF: Mhm. In Ihrem Fach, was genau unterrichten Sie da? Was sind die Seminare, die Gegenstände, die Topics, die Sie unterrichten? Was stelle ich mir da vor?

EK: Na ja, im Wesentlichen rankt sich meine Wissensvermittlung um Abfallwirtschaft, Ressourcenwirtschaft, Umwelttechnik. Und wenn wir jetzt den Begriff Abfallwirtschaft nehmen, nehmen wir Deutschland, wir sind zweiundachtzig Millionen Spezialisten, ne, denn es hat ja jeder. Es hat auch jeder eine Meinung dazu. Ob die fachgerecht ist, steht auf 'nem ganz anderen Blatt. Aber vielleicht ist doch meine Berufung, Menschen auszubilden, die eben danach Fachkenntnisse besitzen dazu und sich mit der Gesellschaft dazu auch austauschen können.

SF: Was für ein Wissen wird da vermittelt in der Fach - in der Abfallwirtschaft?

EK: Na gut, es geht um zunächst mal allgemeine Verständnisfragen zu Ressourcen. Es geht aber eben auch Gefährdungspotenziale. Es geht darum, dass Abfallwirtschaft ganz basisbehaftet aus Hygienefragen resultiert.

SF: Mhm.

EK: Also erst die großen Seuchenepidemien vergangener Jahrhunderte haben dazu geführt, dass wir uns mit Abfällen auseinandersetzen. Es geht natürlich auch darum, wie können wir das technisch lösen? Denn wir sind ja in einem ingenieurtechnischen Studiengang. Wie können wir uns das leisten? Also, kann sich die Gesellschaft Abfallwirtschaft leisten und auf welchem Niveau will sie sich das leisten?

EK: Sie trägt etwas für Menschen bei, aber sie trägt auch etwas für Umwelt bei. Also insofern steht sie in so einem sogenannten sozialökonomischen Zusammenhang. Und sie passt auch sehr gut in die Neuzeit, denn Infrastruktursysteme - und das ist nun mal Abfallwirtschaft, sind Teil von Daseinsvorsorge. Und das ist vielleicht ein altmodischees Wort, aber das hat eine sehr große Anschlussfähigkeit, vielleicht auch zum Begriff Nachhaltigkeit, eben über den Tag hinaus zu denken.

EK: In diesem Spannungsfeld würde ich sagen, zwischen technischen Spezialisten mit 'nem Verantwortungsbegriff, dass die Infrastruktur auch morgen noch funktional sein muss. Und gleichzeitig etwas zu bauen, was eben über mehrere Generationen im Bestand weiterentwickelt werden kann, dass es trägt, bewegt sich mein Fachgebiet.

SF: Infrastruktur und nachhaltig, infrastrukturell und nachhaltig sind Kompetenzen eigentlich, könnte man sagen, die ausgebildet werden. Wie stell ich mir konkret 'n Seminar vor? Wie konzipieren Sie eine Lehrveranstaltung, die so vielfältig ist? Es ist ja…

EK: Na ja, die Sache beginnt damit, dass wir natürlich zunächst mal einen Bachelor grundlagenbehaftet ausbilden. Und da sind die Kompartimente im Ingenieurwesen doch noch in größeren Anteilen vorlesungsbehaftet. Zunächst mal.

EK: Das heißt, es muss zwar eingebracht werden. Und dann hab ich mir aber zur Angewohnheit gemacht, die Studierenden zu jeder Veranstaltung im Bachelor zu fragen, was haben wir denn gelesen, gehört, gestreamt in Sachen Abfallwirtschaft?

EK: Und ich glaube, diese von manchen Kollegen als vertane Zeit benannte Zeit ist eine sehr gut investierte Zeit. Wir kommen nämlich ins Gespräch miteinander. Wir fangen an, die Studierenden müssen immer drei, vier Beiträge mitbringen.

SF: Jede Woche?

EK: Jede Woche. Zur Vorlesung. Jede Vorlesung. Manchmal sogar zweimal in der Woche. Und ich bringe aber auch immer was mit, mit dem Anspruch, nach Möglichkeit nicht das dabei zu haben, was die Studenten dabeihaben.

SF: Wie stellen Sie das…?

EK: Also, na ja, ich bediene natürlich andere Medien, als die Studierenden auf den ersten Blick bedienen und das ist mein Anspruch, manchmal doppelt sich's auch, das ist aber selten. Und dann reden wir, ich fange an zu bewerten und die Studierenden fangen aber auch an zu bewerten. Und so, da das so `n gesellschaftliches Phänomen ist, nähern wir uns also an, was sind denn die Schwerpunkte dieses riesengroßen Faches? Und dann setzen aber ein im Rahmen einer integrierten Vorlesung: Übungen. Und die Übungen sind tatsächlich integriert.

EK: Es gibt Sachverhalte, da rechnen wir.

SF: Was heißt integriert?

EK: Integriert heißt, dass sie dynamisiert sozusagen in der Vorlesung auftreten. Nicht so starr, dass jetzt gesagt wird, dann haben wir immer Übung, sondern sie kommen vor. Manchmal kündig sie an, wenn man eben 'n Taschenrechner braucht, so was Konventionelles.

EK: Manchmal kündige ich sie nicht an. Das heißt, in losen Abständen treten sie auf, wir rechnen aus, wie viel Behälter braucht denn 'n Einwohner, damit sein Abfall wirklich aufgenommen werden kann, abtransportiert kann?

EK: Welche Fahrzeuge braucht's dazu? Also so ganz bilanzierend gehen wir ran.

SF: Während der Vorlesung, Sie Sie Sie halten an und sagen, so, jetzt machen wir mal eine Übung.

EK: Mehr oder weniger so. Ja. Genau. Mehr oder weniger nur so. Ich sag, jetzt kommt so `n Übungselement und dann leg ich was auf oder ich lege manchmal was Konservatives auf, um mein Medium zu wechseln, eine Folien, eine klassische Folie.

EK: Und da hab ich eine Aufgabenstellung drauf und sag, und jetzt können wir mal an den Punkten, die hier skizziert sind. Können Sie mal sagen, was die eigentlich denken, was hier alles falsch ist und was richtig

SF: Verstehe.

EK: Und jetzt ist das aber so `n Schweizer Lochkäse. Wir müssen schon mal sehen mit diesen Werten, dass wir ausrechnen, was die Lücken sind hier, damit wir am Ende gesamt bewerten können. Also, so, so geh ich an die Sache ran.

EK: Mein Ziel ist jetzt weniger, dass die Studierenden zur Stunde Null entsprechende DIN-Anleitungen oder Merkblätter stur abarbeiten, sondern dass wir schon versuchen, miteinander ins Gespräch zu kommen und das wissen, was da zunächst mal vielleicht vorgetragen, vorgelesen wurde, dann doch zu üben und nicht nur schematisch abzuarbeiten, zu bewerten. Weil das Schematische, da haben wir ja immer mehr unterstützende Elemente im Ingenieurwesen, aber das Bewertende, dann vielleicht auch das der Gesellschaft Vermittelnde, ist ja wieder 'n ganz anderer Vorgang, der auch geübt sein möchte,

EK: Spielt für uns ja auch eine zunehmende Rolle. Im Master sieht's anders aus. Da sind wir natürlich im vertieften Bereich, da nähern wir uns mit Projekten an, da machen wir Studienarbeiten, da haben wir zu ausgewählten Teilgebieten vertiefende Exkursionen, da sieht es dynamisierter aus.

SF: Oh ja, das sind ja schon ganz schön viele Formate. Also Projekt, jetzt haben wir Vorlesung, Projekte, Exkursion. Jetzt, ich krieg 'n bisschen Bild davon, wie Sie Ihre Vorlesungen lebendig gestalten durch Medienwechsel oder letztlich eigentlich auch Richtungswechsel. Also, Vorlesung klassischerweise ist ja, da spricht eine Figur und die anderen rezipieren, so könnte man's ja erst mal beschreiben. Sie wechseln um, machen eine Übung rein und jetzt müssen plötzlich die anderen aktiv werden. Und sie kommen ins Gespräch und sie bringen was Dialogisches in die Vorlesung rein. Versteh ich das richtig?

EK: Das ist total gut verstanden. Und unsere Herausforderung ist ja, dass wir im Moment vergleichsweise wenig Studierende haben. Gleichzeitig ist das, kommt meinem Wesen entgegen, eine riesengroße Chance. Die Vorlesung wird oft unterbrochen. Ich stelle oft Fragen. Und am Anfang sind die Studierenden irritiert, weil sie im Ingenieurwesen häufig in Mathe, Physik, ganz natürlicherweise hauptsächlich gerechnet haben. Und eigentlich wenig gefragt

EK: Und jetzt plötzlich werden sie was gefragt, das ist für sie neu und das wird aber zunehmend besser, zunehmend spannender. Und es wird auch im Verlauf der Bachelorvorlesung der Zustand erreicht, wo die Studierenden plötzlich anfangen, mich zu fragen.

EK: Und ganz zum Schluss ist das so, dass wir das gegenseitig besprechen. Aber das ist natürlich in den Bachelorstudiengängen erst mal so `ne Entwicklung. Das kommt nicht zur Stunde Null, das erwarte ich auch nicht. Es ist auch so, die ersten Lehrveranstaltungen, da hat vielleicht mal einer was mitgebracht, gelesen, wird, gestreamt. Und zum Schluss muss ich manchmal sagen, ja, wir müssen's aber ja auch weitere Fortschritte machen, wir müssten's vielleicht auf fünf begrenzen. Für heute. Fragen fünf, fünf Fragen, Themengebiete eins von mir, damit wir den nötigen Lehrvorschritt auch noch erreicht.

SF: Das ist ja interessant. Das ist, hab ich nämlich jetzt grad so gedacht. Sie haben ja bei der Vorlesung wahrscheinlich so vierzehn Kapitel, je nach Wochen und die wollen Sie ja auch in der Woche abschließen. Also, Sie haben ja so was wie Lernziele oder zumindest, Sie haben einen bestimmten Stoff oder wir sagen ja immer Stoff und so weiter. Ja, da haben sie aber selber ja schon gesagt, dass sie auch da verschiedene Kompetenzen denken und die ganzen Aspekte, diese Ressourcen, Risiken und so weiter. Da gehört ja viel Reflexion mit rein, also nicht nur Stoff. Und das ist ja riskant, ins Dialogische zu gehen, aufzumachen in einer Vorlesung. Ich stell mir eine Vorlesung vor vom Format her: Das ist mein, ja, Stoff und den will ich jetzt hier, den will ich durchbringen, so heißt es ja eigentlich.

EK: Ja, das.

SF: Wie gehen Sie damit um?

EK: Entschuldigung, dass ich Sie unterbrochen hab. Ja. Also, grundsätzlich ist das eine Vorlesung. Und wir haben natürlich, wenn wir auch in der Republik schauen, zu dem Fachgebiet Abfallwirtschaft eine Vorstellung, was da beinhaltet sein sollte.

SF: Mhm. Genau.

EK: Gleichzeitig ist natürlich das Fachgebiet ein dynamisches Fachgebiet.

EK: Und über die Fragestellung der Studierenden, die sie arbeitstäglich aufgreifen, dann mitbringen in der Woche, natürlich kommt's vor, dass ich sag, dazu haben wir eine eigene Vorlesung, eine eigene Übung. Ich würde das mal anteasern, aber ich komme, fest versprochen, später darauf zurück.

SF: Aha!

EK: Den Begriff „integrierte Vorlesung“ haben wir auch in den Definitionen. In unseren Ordnungen. Der kommt mir sehr nah. Natürlich, der Student büßt 'n bisschen was ein, andere Kollegen haben schon zum Semesterbeginn, was an jedem Tag wann dran ist. Und da steht die Überschrift schon drüber. Und das hab ich auch, aber nur für mich, weil ich das ja nie ganz sauber einhalten kann. Es ist dynamisiert. Und ich halte aus, ich will auch aushalten, dass wir eben vielleicht auch mal eine halbe Stunde, obwohl ich geistig zehn Minuten vor Augen hatte, für diesen Dialog verbringen. Und dafür an anderer Stelle vielleicht mal stärker. Es gibt mir aber eben die Gelegenheit, auch zu erkennen, was ist denn von aktuellem Interesse? Und ich glaube, es ist so `ne Dreifaltigkeit in der Lehre. Das eine ist natürlich, was ich gesagt hab vorhin, man muss da Wissen anhäufen und da muss auch mal was vermittelt werden. Und vielleicht ist auch 'n bisschen drög, da muss man einfach was aufnehmen.

SF: Ja, ist manchmal drög, also oder wird so empfunden und nachher dann, ja.

EK: Und dann muss es aber ja so sein, dass die Studierenden am Ende eine Leidenschaft dafür entfesseln. Dass sie also sich, dass sie merken, das ist ja toll. Das ist ja son Fachgebiet, da möchte ich mehr wissen.

EK: Und ganz zum Schluss ist dann vielleicht so im besten Fall, dass Sie sagen, ja, und das ist so spannend, da mach ich 'n Master. Wo auch immer, da will ich mal selber aktiv sein können. Da will ich nicht nur was vorgesetzt bekommen, was einbringen und besprechen können, sondern ich will selber und vielleicht auch ganz andere Lösungen, als mir der Dozent vorgestellt hat, mal entwickeln können, ausrollen können. Und da ist für mich die angenehmste Form, zu zumindest zu versuchen, das ist auch manchmal natürlich mit Enttäuschung. Das gelingt nicht immer in gleicher Qualität, das ist ja klar. Da ist das das vermeintliche Scheitern gibt's da natürlich auch, so `n bisschen Wagemut. Das kommt mir aber näher, in diesem Bestreben das zu erreichen.

SF: Mhm, mhm. Diese Leidenschaft oder das Interesse wecken, das ist was, was mich tatsächlich auch beschäftigt im, wie kann man Interesse, wie kann man Interesse, ja, lehren oder wie kann man lernen, Interesse zu entwickeln? So würd ich's ja eigentlich formulieren. An etwas, von dem man gar nicht wusste, dass es einen interessieren würde, vielleicht. Das ist ja bei vielen Studierenden so, die kommen aus der Schule, kennen vieles nicht, woher weiß ich, was mich interessiert? Und dann ist es an uns, da den Weg zu öffnen. Wie geht's so was? Interessiert mich echt.

EK: Tja, weiß ich natürlich auch nicht so genau, gibt's wahrscheinlich auch nicht das Rezept.

SF: Natürlich nicht.

EK: Ich hab ja immer 'n bisschen die Hoffnung, dass der Studierende doch schon erkannt hat, was er, welchen Studiengang er sich einlässt. Ja. Aber das ist natürlich eine Hoffnung. Mancher ist auch enttäuscht, dass es nicht philosophisch genug ist und jetzt doch vergleichsweise viel gerechnet wird. Mancher hatte es sich viel sozialer betont vorgestellt, obwohl der Fächer grad noch im Internet einsehbar ist.

EK: Und dann denke ich immer, ja, zu versuchen abzuholen, da wo die Studierenden stehen. Und da hab ich das Glück natürlich in meinem Fachgebiet Ressourcenwirtschaft, davon sind die Medien voll, egal welches Medium. Und wenn man versucht, zu fragen, ja, was habt ihr denn gelesen? Und dann eben auch so, wenn jetzt eben Kunststoff das Thema ist, letztes Semester, das ist ja immer wieder überbordend, dass ich dann sagen kann, ja, das hab ich schon gespürt und ich hab diesmal neunzig Minuten nur dafür, biologisch abbaubare Kunststoffe. Fest versprochen, das machen wir 'n bisschen weiter hinten, wenn wir die Grundlegung haben. Das hab ich euch extra schon mal vorbereitet.

EK: Ich hab schon erahnt, dass das also dann auch versuchen, obwohl das im Verlauf eines Semesters oft zeitlich an Grenzen stößt, dann auch darauf einzugehen, zu sagen, gut, dann-

SF: Also eine flexible Vorlesung.

EK: Dann zu sagen, ja, das, wenn wir uns über Sammlungen, Transport und unterhalten, warum können denn nicht mal neunzig Minuten davon den biologisch abbaubaren Werkstoffen gewidmet sein, wenn das doch so Thema ist.

SF: Ja.

EK: Und Gesamtgesellschaft auch so viel durcheinandergeht.

SF: Ja.

EK: Zu diesen Begrifflichkeiten.

SF: Interessant, ja.

EK: Wer, wenn nicht wir, kann sich denn dafür da dann Zeit nehmen? Und vielleicht gibt's die Einheit zur Verbrennung. Die auch integraler Bestandteil von Abfallwirtschaft ist, aber die man sich vielleicht auch sehr gut individuell aneignen kann als Selbstlerneinheit.

SF: Ach so.

EK: Dann in der Prüfung aber eben berücksichtigt, dass das eine Selbstlerneinheit war. Die hat man jetzt nicht mit mir als Präsenzaufführung gehabt.

SF: Mhm.

EK: Ist vielleicht dann da in der Prüfung dann auch etwas zurückgesetzt. Und dafür sind die Gegenstände, die wir gemeinsam erarbeitet und besprochen haben natürlich 'n bisschen im Vordergrund eines Prüfungsgegenstandes.

SF: Ja, jetzt genau dazu, wie wird denn die Selbstlerneinheit organisiert? Also, gibt's dann da eine Literaturliste oder Medien oder in welcher Form? Wir haben früher immer Literaturlisten bekommen. Also, da gab's immer so `n kopiertes Blatt. Und alles, was da draufstand, mussten wir selber lesen, so ging selbst lernen.

EK: Mein Anspruch ist zunächst mal der, also ich stehe doch für Präsenzlehre.

SF: Mhm.

EK: Auch wenn ich selber mal extern große Teile meiner Proportionen erledigt habe. Das heißt, sehr große Sympathien auch habe für jemand, der sich weiterbildet und berufsbegleitend studiert. Umgenommen, ich stehe für Präsenzlehre. Und für Präsenzlehre stehend heißt dann eben auch, dass im Rahmen meiner Lehrveranstaltung das, was ich da als wichtig empfinde, auch vermittelt wird.

SF: Mhm.

EK: Das ist da drin. Und die Literatur zum Beispiel, auch das wird heut noch empfohlen, ist für mich begleitend. Da kann sich der Student weiterbilden, das tut er hoffentlich auch.

SF: Mhm. Mhm.

EK: Aber ich verspreche ihm immer, geprüft für das, was wir gemeinsam erarbeiten.

SF: Nicht irgendwas anderes.

EK: Nicht zwangsläufig irgendwas anderes. Also, du musst jetzt nicht noch neunzig andere Professorinnen -

SF: Na, eben.

EK: Auswendig gelernt haben, sondern darum sitzt du ja bei mir. Das ist mein Anspruch. Was nicht heißt, wenn eine Selbstlerneinheit gegeben wird, Powerpoint basiert zum Beispiel zu den Fragestellungen von Verbrennungstechnologie. Und wir das dann in dem Semesterverlauf auch mal die Gelegenheit, die ich dann einräume, Fragen zu stellen dazu oder Keywords noch mal rauskristallisiere, dann ist das schon für mich bereitgestellt, durch mich bereitgestellt, dann erwarte ich schon, dass damit Auseinandersetzung stattgefunden hat.

SF: Okay, die sind irgendwo hinterlegt, Moodle oder mit was anderes?

EK: Moodle, ja, ich hinterleg das, das ist für uns, für mich das unkomplizierteste. In Moodle ist das dann.

SF: Dann sind Sie so im Verlauf der Lehrveranstaltungen, kommen Sie auf Sachen zurück, die im Moodle stehen. Also, ich kenn das 'n bisschen, wenn ich das vergleichen darf, dass wir in der, wenn wir wenn wir Film machen, dann verweisen wir auch noch auf andere Filme für jede Sitzung und dann reden wir auch über die Filme, auch wenn wir sie nicht gemeinsam angeguckt haben und gehen eben davon aus, wir haben ja gesagt, dass diese Filme auch im Verlauf unseres Seminars eine Rolle spielen.

EK: Ist bei mir eher die Ausnahme, aber genauso muss man sich's vorstellen. Da wird was bereitgestellt und es wird dann trotzdem noch mal aufgegriffen, auch damit der Studenten erkennt, okay, es hat schon eine Bedeutung. Es war jetzt –

SF: Warum das da ist, ja.

EK: Es ist nicht grundlos und es, wenn er sein Versprechen wahrmacht, dass alles, auch die Besuche im Labor und und und, dass alles, was er mit uns gemacht hat, prüfungsrelevant ist: Aha, auch das ist also im Boot. Und hingegen die Bücher, die er uns empfohlen hat und auf die er nie zu sprechen gekommen ist, die sind vielleicht nicht zwangsläufig im Prüfungsboot.

SF: Ah ja, okay.

EK: Aber der Dreihundertsechzig-Grad-Rundgang, den er mit uns gemacht hat, digital und den er uns bereitgestellt hat und wo gesagt wurde, da gibt's noch mehr Informationen, in denen ihr euch ruhig mal tummeln könnt – Aha. Die hat er auch im Boot.

SF: Mhm. Mhm. Dreihundertsechzig-Grad-Rundgang, wo gibt's so was zum Beispiel?

EK: Na, zum Beispiel gibt's bei uns in den Bachelor 'n Dreihundertsechzig-Grad-Rundgang zur Kompostionsanlage und Umpferstedt. Die können wir natürlich sehr gut auch erreichen. Besuchen wir auch physisch, das ist ja hier die Ecke. Und gleichzeitig gibt's die aber als Dreihundertsechzig-Grad-Rundgang dann im Internet, wo die Studierenden die Exkursion noch mal ablaufen können und auch die Informationen finden. Und entsprechend gibt's da von mir aber zu dieser Exkursion nicht noch mal eine Vorlesung, sondern nur zu den Grundlagen. Und die Studierenden können dann selbst vertiefen. Im Master gibt's Dreihundertsechzig-Grad-Rundgänge für Anaerobanlagen, also Biogasgewinnungsanlagen, für Abfallwirtschaft, im Bereich Fulda. Da ist man mehr auf der Autobahn als zur eigentlichen Exkursionsbesichtigung hin und zurück. Da wird, findet die Exkursion gar nicht mehr statt, sondern da findet vor Ort statt mit gemeinsam mit den Studierenden der Dreihundertsechzig-Grad-Rundgang in den einzelnen Elementen. Wir vertiefen das, was wir da vorher gelernt haben. Da sind natürlich auch Notizen der Betreiber, also Notizen gesprochen, Videoaufnahmen drin, Videoschnipsel, Bilder, manchmal auch Bilder, die man in Exkursion gar nicht sehen kann. Wenn so `n Behältnis geöffnet ist, hat man einmal im Leben das Glücks zu sehen.

SF: Ja, ja.

EK: Aber nicht, zu jeder Exkursionen –

SF: Der wird dann nicht immer aufgemacht, ja.

EK: Da sind dann Bilder, ja. Dass die Vorstellungswelten dann unterstützt werden. Also ja so, weil ich ja denk, Präsenz, also wir haben's ja vorhin gesagt, wie ist meine Auffassung? Die - mein Fachgebiet, es gibt Bücher. Man kann das lesen.

SF: Mhm.

EK: Das ist überhaupt kein Problem.

EK: Aber meine Interpretation dazu, das ist ja meine Daseinsberechtigung. Das, was ich da auch als Erfahrung einbringe und im besten Falle ist das dann vergleichbar mit 'nem Kunstwerk. Die Partitur, die können Sie überall einsehen. Die Interpretation eines Orchesters. Das ist ja eine ganz andere, eine ganz andere Angelegenheit.

SF: Das ist schon so, dass die Lehrperson nicht einfach auswechselbar ist. Sondern die Lehrperson gibt dem Ganzen eine Tonalität, eine Stimmung, eine Atmosphäre. Einen Klang. Man ist Schüler von jemand.

EK: Na ja, ob man Schüler, ich versuch schon 'n bisschen auf Augenhöhe. Es könnte ja, morgen werden das meine Kollegen sein.

SF: Ach so.

EK: Also im Sinne des Ingenieurbüros könnten das morgen meine Kollegen sein. Aber ja, ich würde auch gut finden, wenn es uns stärker gelingen würde, wieder Denkschulen zu bilden.

SF: Mhm. Mhm.

EK: Nicht im Sinne einer Hierarchie, Lehrer und Schüler, sondern im Sinne von gemeinsam verbindenden Gedankenwelten zu Sachverhalten. Und die können ja durchaus unterschiedlich sein. Auch in meinem sehr angewandten Fachgebiet gibt es unterschiedliche Draufschauen, unterschiedliche Bewertungen. Und da find ich's nicht verkehrt, wenn später erkannt wird: Ah, der ist eigentlich aus der und der Denkschule.

SF: Ja.

EK: Und die ist häufig mit Personen verbunden, vielleicht nicht nur mit einer, aber vielleicht mit mehreren Lehrstühlen, die eben in dieser Richtung vielleicht denken, überlegen, Zukunft gestalten wollen.

SF: Das teile ich und ich erleb's auch so, also dass Studierende zu mir kommen, die mit mir was anfangen können und Studierende, die mit mir nichts anfangen können, gehen zum Kollegen, die aber auch Filmanalyse machen. Also im Grunde vom Fach her ist es das Gleiche, aber es gibt dann schon so Orientierungen und man bildet so kleine, die dann nicht lebenslang sind, aber man bildet so kleine Abschnittsverbindungen, in denen man Denkschulen irgendwie miteinander - Und sei es nur für ein, zwei Semester, aber trotzdem hat man da eine Prägung. Und ich glaube schon, dass die Persönlichkeit und ich mach auch die Erfahrung, das ist nicht nur eine Glaubensfrage, dass die Persönlichkeit was mit der mit der Lehre zu tun hat. Sie gucken so auf Ihre Unterlagen. Wollten Sie was davon? Ja, gerne.

EK: Na ja, nee, Sie hatten ja Magie so aufgerufen.

SF: Ja, das wär jetzt so meine Idee, genau. Und Handwerk. Magie und Handwerk, wo ist die Lehre - Magie? Wo ist die Lehre - Handwerk? Was ist Ihre, was sind Ihre Erfahrungen? Magische Erfahrungen, Handwerkserfahrungen? Wie würden Sie das beschreiben?

EK: Ich hab offen gestanden über diesen Begriff Magie und Lehre im Vorfeld zu dem Podcast noch nie nachgedacht.

SF: Mhm.

EK: Wieso bevor Sie mir diesen Impuls gegeben haben, Magie. Aber sehr wohl hab ich mir natürlich schon die Frage gestellt, was ist Lehre? Und wenn Magie im Sinne eines Zauberers, aber vielleicht im Sinne des persischen Ursprungs auch eines Wissenden, ne, der vielleicht mehr weiß als andere weiß, dann hat Lehre auf jeden Fall eine Komponente von Magie. Ich glaube aber, man muss sich auch abgrenzen. Was ich nicht sein möchte, ist ein anderer täuschende Unterhaltungskünstler. Das ist ja vielleicht auch jemand, der sich als Zauberer versteht. Ich würde sagen, ich bin doch jemand vielleicht eher, der versucht, andere für sein Fach in den Bann zu ziehen. Sich mit dem Fachgebiet, mit der Breite, mit der Vielfalt, aber auch mit der Tiefe, die das hat, vertraut zu machen. Für mich ist auch Teil der Magie von Lehre, das Tolle unseres Berufs, Menschen aufzubauen. Ihnen behilflich zu sein, ohne dass sie das vielleicht immer gleich merken, im Sinne von Magie, die Dinge anzulegen und so zu gestalten, dass… ja, sie aufgebaut sind, dass ich ihnen behilflich sein kann. Ich find, das ist eine tolle Sache. Denn ich bleibe dabei, kaputt bekommt man jeden und jeden, das ist meine Lebenserfahrung. Und kaputt geht immer. Und genau das Wunderbare an meinem Beruf ist ja, dass das Gegenteil angesagt ist und das Gegenteil verlangt ist. Für mich gehört aber eben zu diesem Aufbauen auch solides Handwerk.

SF: Ja.

EK: Das sind für mich, wie soll ich formulieren, zwei Schuhe von einem Paar. Das heißt, es geht schon darum, Methoden zu vermitteln. Es geht auch darum, Verlässlichkeit in den Formen zu gestalten für die Studierenden. Vielleicht geht es auch um beherrschbares Überraschen. Im Sinne von Handwerk. Und angemessenes Fordern.

SF: Mhm. Was ist angemessenes Fordern? Warum muss das angemessen sein?

EK: Ich denke, das Fordern muss angemessen sein, damit die Studierenden eben nicht kaputtgehen, sondern angemessen scheitern können, aber immer wieder aufstehen können.

SF: Ah, ja.

EK: Dass also nicht zwangsläufig Prüfungsformate gewählt werden, an denen sie zerbrechen, sondern dass Prüfungsformate gewählt werden, an denen sie vielleicht in einem ersten Versuch scheitern, aber erkennen, dass das grundsätzlich lösbar ist. Vielleicht auch erkennen, wo sie gescheitert sind. Und das ist für mich also die Fragestellung, behilflich zu sein und in einer angemessenen Form zu fordern.

SF: Mhm. Verstehe. Prüfen gehört zum Lehren?

EK: Für mich gehört prüfen ganz unbedingt zum Lehren.

SF: Das interessiert mich, ja.

EK: Wobei das keine so ganz einfache, keine so ganz einfache Sache ist, mit dem Prüfen, weil. Das ist, wie soll ich formulieren? Teil von Handwerk und das ist mit vielen Herausforderungen behaftet. Also ich fange mal an mit den Erwartungshaltungen. Die Industrie und die Praxis haben eine bestimmte Erwartung, was unsere Absolventinnen können sollen. Müssen. Die Fachverbände erlauben sich sogar, bestehen sich die Kompetenz zu aufzuschreiben, was das denn sein sollte.Manchmal sogar in Prozenten, an MINT Fächern. Also Mathe, Informatik, Naturwissenschaft, Technik. Wir haben Erwartungshaltung der Eltern. Deren Studium ist zwar manchmal dreißig, vierzig Jahre her, aber die haben sehr genaue Vorstellung, was da eigentlich drin sein sollte und rauskommen müsste.

EK: Ja, wir haben Erwartungshaltung der Universität. Die möchte nicht, dass zu viele Studierende länger als die Regelstudienzeit studieren. Ja. Oder zu schnell aufgeben. Und nicht zuletzt, last but not least aber so wichtig, wir haben auch die Studierenden, die Vorstellungswelten haben, was sie denn am Ende können wollen und sollten. Und in diesem Spannungsfeld bewegt sich nun der Stoff, den wir vermitteln und die zugehörigen Prüfungsformate.

EK: Und es ist natürlich so in der Fächerkultur des Ingenieurwesens, wir haben den Verantwortungsbegriff. Und der ist nicht nur ein gesprochener, der ist nicht theoretisch, der ist ganz praktisch. Die Brücke muss stehen bleiben.

SF: Ja.

EK: Die Abfälle müssen sicher entsorgt werden.

SF: Mhm.

EK: Und da brauchen wir Formate, die auch mit einer großen Sicherheit aussagen, dass der Absolvent, die Absolventin das kann. Ja. Dann haben wir natürlich andere Formate, Abfallwirtschaft oder andere Herausforderungen. Abfallwirtschaft muss in Öffentlichkeitsanhörungen auch vermitteln können.

EK: Der Öffentlichkeit vermitteln können, warum folgendes Bauwerk, was vielleicht auch emissionsbehaftet ist, jetzt gebaut werden muss. Das heißt, sie braucht eine Dialogfähigkeit unser Absolvent, die Absolventin und die ist ganz anders. Und die muss auch anders geprüft werden. Da muss man ins Gespräch kommen und da braucht's vielleicht nicht die Sprache des Ingenieurs in Form von Grafiken, Tabellen, Matrizen. Da braucht's 'n super Powerpoint vielleicht, eine Animation und das Vermögen gut erklären zu können.

EK: Also wenn man das prüfen will, sieht es natürlich anders aus. Ja. Wir haben die Fragestellung des Umgangs zum Beispiel mit Fachbehörden. Der Bericht für eine Fachbehörde muss anteilig bewertend sein.

EK: Der braucht nicht nur Zahlen, der muss auch was bewerten. Diese Bewertung formulieren zu können, ist aber wieder anders geartet als der geneigten Öffentlichkeit, der allgemeinen Öffentlichkeit eine Bewertung zu einem Bauwerk zu geben. Und diese Facetten müssen sich nach meiner Auffassung in Prüfungselementen abbilden. Freilich haben wir handwerkliche Herausforderungen. Zeit. Wir haben ökonomische Sachzwänge, größter Studiengänge, die sollen nicht so klein sein. Wir wollen aber prüfen, wir wollen vielleicht auch in keinster Weise verbieten, künstliche Intelligenz zu verwenden, sondern sie in die Lehre intelligent integrieren. Müssen da aber eben auch die Prüfungsformate anpassen.

EK: Ich glaube, es ist auch unser Anspruch, nicht nur die Absolventen für die Werkbank und Industrie auszubilden, sondern eben auch Menschen, die die Gesellschaft voranbringen. Und bei diesem großen, breiten Setting ist natürlich klar, dass die Zahl der Prüfungsformate vielfältig ist. Da gibt's Präsentationen, da ist aber bei der Grundlagenbehaftung im Bachelor auch zu rechnen. Da gibt's nüchternes Wissen, was abgefragt wird. Da gibt's aber auch Belege, in denen man selbst was entwickeln muss, die dann auch bewertet werden.

SF: Haben Sie denn auch schreiben, verbalisieren, präsentieren, also das ist ja fast schon performativ. Also, wenn man jetzt quasi 'n Projekt in der Abfallwirtschaft einführen will in einer Kommune oder so und man stellt es denen vor, da muss man ja fast schon Schauspieler sein. Also nicht im Sinn von, man muss täuschen, aber man muss ja den Auftritt gut hinkriegen.

EK: Es ist performativ. Ich selbst habe als Ingenieur, im Ingenieurbüro ja auch in diesen öffentlichen Anhörungen Rede und Antwort stehen müssen.

EK: Und wir dürfen uns nix vormachen, wir sitzen Profis gegenüber. Jede Bürgerinitiative verstärkt sich mit Profis, die tatsächlich ihr Geld damit verdienen, Bürgerinitiativen zu unterstützen. So. Und genau, es geht nicht um Täuschen, sondern um sachgerechte Unterrichtung der Öffentlichkeit. Und dann aber auch sachgerechte Auseinandersetzungen. Wir haben zum einen eine Lehrveranstaltung schon im Bachelor Wissenschaftliches Arbeiten. Ja. Da ist natürlich auch 'n Element, nicht nur die Schreibarbeit der wissenschaftlichen Arbeit, sondern auch, wie präsentiere ich denn? Zunächst geht's um Wissenschaft.

EK: Im Master ist es dann so, dass wir Belege zum Beispiel zur Planung von Verbrennungsanlagen durchführen. Und zum Schluss aber werden die verteidigt, nicht nur durch den Vortrag, sondern der Vortrag ist der Vortrag vom Gemeinderat in der Öffentlichkeitsanhörung. Und in verteilten Rollen sitzen wir da, einer ist Bürgerbewegung, der andere ist Bürger, der Dritte ist das konkurrierende Ingenieurbüro. Und wir versuchen uns tatsächlich in solche spielerische Situationen zu bringen.

SF: Tatsächlich.

EK: Tatsächlich.

SF: Im Seminarraum einfach, oder?

EK: Im Seminarraum und die anderen Studierenden der anderen Beleggruppen sind Teil des Szenarios und stehen dann aber selber auch vorne. So, sind natürlich unterschiedliche Aufgabenstellungen, die wir dann da verteidigen. Und das zumindestens mal ansatzweise zu üben und mal anzuregen, dass das auch eine Rolle spielt. Bis zu Ende, vollständig ausbilden, können wir das nicht. Aber wir sind ja auch nicht dazu da, Schauspieler auszubilden.

SF: Ja. Das ist ja dann auch noch mal am Ende der Skala, der Schauspieler. Aber ich finde das tatsächlich interessant, weil das ja ein unterschiedlich stark, also im Bewusstsein von Studiengängen ist, dass man letztlich seine Tätigkeit möglicherweise eben auch kommuniziert und performativ - Jetzt ist natürlich, man könnte sich dann auch fragen, warum müssen die Leute das denn selber machen? Also gibt es nicht Speaker oder Sprecher? Und oft ist es in Firmen selber ja dann doch so, dass die einen kommunizieren und die anderen rechnen. Aber trotzdem, das integrieren sie trotzdem ins Studium mit rein.

EK: Na, vielleicht ist es in größeren Firmen so oder da ist es ganz sicher so. Ich bin halt in diesem Bereich der Ingenieurbüros groß geworden. Und da ist es schon so, dass von den Ingenieuren sehr viel an Kompetenz verlangt wird, auch an kommunikativer Kompetenz. Und da hab ich eben festgestellt in meinem Studium, ich musste genau einen Vortrag halten, als ich meine Diplomarbeit verteidigt habe. Und dann war ich im Ingenieurbüro und dauernd musste ich vortragen, bei Fachbehörden und und und. Bei Kollegen, um einen Auftrag zu bekommen.

SF: Und niemand hatte es in der Uni gesagt.

EK: Niemand hatte es. Wobei ich jetzt eben feststelle, die Studierenden in der Schule machen sehr viele Präsentationen. Sie können einem im Gegenteil die Dinge manchmal sehr gut, fast schon blendend vorstellen, auch verblendend.

SF: Stimmt. Interessant.

EK: Vorstellen. Aber sie haben verlernt, zum Beispiel gut zu schreiben. Das sind Sachen, die wir versuchen, wieder zu trainieren, auch wenn sie mit künstlicher Intelligenz jetzt vielleicht unterstützt werden. Find ich auch nicht schlimm. Das ist 'n Element. Die Frage ist, wann bring ich das wie geeignet ein? Und viele der Firmen sind eben kleinere. Und da denk ich, ist schon das Interesse sehr groß, dass nicht nur gerechnet wird, sondern auch vermittelt werden kann.

SF: Wie ist denn das, das hab ich mir vorhin extra notiert, wie unterrichtet man Rechnen? Das interessiert mich einfach. Und jetzt hab ich die Chance, mal jemand zu fragen, der das macht!

EK: Also zunächst mal ist natürlich so, in den Ingenieurstudiengängen, wir haben Mathematik im Sinne von Rechnen und da gibt's eigene Professuren. Und das sind natürlich unsere Profis. Und wir satteln auf dem Wissen sozusagen nur auf.

SF: Sie machen, Sie unterrichten keine reinen Rechenseminare.

EK: Nein, keine reinen Rechenseminare.

SF: Da müsste ich jetzt noch jemand anderen einladen.

EK: Genau, müsste der Kollege Rüffer zum Beispiel.

SF: Mhm, mache ich.

EK: Sicher und seine Mitarbeitenden. Bei uns ist das eben angewendet. Da wird natürlich vorausgesetzt, dass man verschiedene Dinge einfach das Handwerkszeug sitzt und rechnen kann.

EK: Das heißt, bei mir gibt's konkrete Aufgabenstellungen. Und manchmal wird vorgerechnet. Dann kommt was raus und dann gibt's Übungsaufgaben und da müssen die Studierenden mal selber rechnen. Hoffentlich tun sie's. In der Prüfung ist es dann auch so. Das ist eben meine Aufgabe und dann muss man was berechnen, ausrechnen und muss Mathe als Handwerkszeug benutzen, weil man ja die Fachinhalte meines Faches im Vordergrund hat.

SF: Ja. Also man benutzt es, zu was anderem hinzukommen und das ist dann natürlich gleich in sich relevant, dass man jetzt hier rechnet, insofern.

EK: Deswegen ist eben das, was von den Studierenden manchmal bedauert wird, dass 'n Ingenieurstudium häufig mit diesen Grundlagenfächern Mathe, Physik, Chemie losgeht. Aber das brauchen wir tatsächlich, weil wir darauf mit einer relativ großen Selbstverständlichkeit aufbauen, wenn auch nicht immer in der Tiefe dieser grundlegenden Fächer. Aber das nehmen wir als Handwerkszeug, als gegeben ins Boot.

SF: Es ist eben so. Also auch Dichten fängt mit der Kenntnis der Buchstaben an und dann muss man eben die ersten vier Jahre in der Grundschule mit - und so weiter, lesen, schreiben, probieren. Ich will noch mal zurückkommen auf Projekte und Exkursionen als Lehrformate. Können Sie Projekte beschreiben, wie die als Lehrformat funktionieren?

EK: Na, wir haben - oder an meiner Professur üben wir uns da in unterschiedlichen Projektformaten. Zum einen Fachprojekte, wo ein Sachverhalt aufgegriffen wird. Das kann eine Aufgabenstellung sein im Labor, dass was Neues zu untersuchen ist oder dass eine Versuchsanlage zu richten ist. Projekte, da tun mindestens zwei etwas zusammen, bevorzugt vielleicht nicht unbedingt mehr als vier bis sechs, damit auch die einzelne Leistung noch gut identifizierbar ist.

SF: Gruppen, die an einem Projekt über ein Semester arbeiten.

EK: Genau, die an einem Projekt über ein Semester arbeiten. Betreut werden, aber auch mit Zwischenpräsentationen ihre Ergebnisse vorstellen, damit das, was ich vorhin gesagt habe, wir sie nicht Gefahr laufen lassen, am Ende zu scheitern, nur, weil wir uns nicht drum gekümmert haben. Wir haben aber eben, und das können auch sehr angewandte Projektformate sein, manchmal –

SF: Zum Beispiel?

EK: Zum Beispiel Gemeinden, das in Gebäude zu entwässern. Und da wird dann überlegt, wie kann denn das unter unseren Bedingungen gehen? Und dann ist das Projekt manchmal auch übergreifend mit der Siedlungswasserwirtschaft zusammen, weil wir dann sagen, okay, so was müssten wir doch heutigen Tages zusammendenken, Abfallwirtschaft und Siedlungswasserwirtschaft. Wir tun uns zusammen und die Studierenden entwickeln was. Wohl durch uns immer unterstreichend, dass wir kein Ingenieurbüro sind. Sondern wir haben Menschen in Ausbildung. Das heißt, eine rechtsverbindliche Leistung entsteht nicht. Aber eine, die Projekte sind sehr häufig angesiedelt am Ende des Masterstudiums, also diese Projektformate, die ich beschrieben habe. Wir haben Projektformate im Bachelor, die sind darauf angelegt, Infrastruktur zu planen. Und zwar im gleichen Stadtteil wird geplant: der Verkehr, die Verkehrssysteme, die Abfallwirtschaft, die Siedlerwasserwirtschaft und manchmal auch die Energiesysteme. Gruppen gemeinsam, um über die unterschiedlichen Infrastruktursysteme gemeinsam mal nachzudenken. Also nicht nur die einzelnen Fächer, sondern das gemeinschaftlich zu identifizieren. Na ja, ganz praktisch ist es auch so, wir möchten ja nicht heute die Straße wegen Abwasser aufgerissen kriegen und morgen wegen Trinkwasser und übermorgen, weil also da ein Stromkabel rein muss. Ja. Wir haben das besondere Format an meiner Professur, was ich sehr liebe, das setzt aber eine gewisse Grundkenntnis natürlich der Fachmaterie voraus, das also mit anderen interdisziplinär zusammenarbeitet.

SF: Genau, das weiß ich auch, dass sie interdisziplinär - Sie sind so, also das wäre, ich könnt mir vorstellen, so was geht mit der Urbanistik, was Sie jetzt grad beschrieben haben oder so was in der Richtung? Wenn Sie Stadtgebiet sind.

EK: Ja.

SF: Aber Sie haben ja auch schon mal mit der Bildenden Kunst zusammengearbeitet. Können Sie das 'n bisschen erzählen?

EK: Das kann ich erzählen.

SF: Ja, gerne.

EK: Das, wo fang ich an? Es fängt damit an, dass Menschen Interesse aneinander haben und überhaupt mal versuchen, über den Tellerrand hinauszuschauen. Und in diesem Fall war es so, dass die Professur der Freien Kunst, also dieses Interesse hatte, sich mit den Abfallstoffen als, ich nenn es jetzt 'n bisschen salopp, gesellschaftlichen Aufreger auseinanderzusetzen. Also, müsste nicht Kunst Beiträge leisten, auf diesen Missstand auch aufmerksam zu machen? Das hab ich jetzt aber sehr plakativ natürlich ausgedrückt.

SF: Aha. Ja, na gut, aber ja, versteh schon.

EK: Und auf der anderen Seite, ich hab das Bestreben, mit den Studierenden Wahrnehmungsübungen durchzuführen.

SF: Aha.

EK: Das ist für mich eine Antriebsfeder. Wahrnehmungsübungen, Aufmerksamkeit, denn je besser ich wahrnehme wie Dritte auf eine Sache draufschauen oder auch Vierte und Fünfte, desto besser kann ich dem vielleicht gerecht werden. Ich muss meine Zahlen nicht ändern, ich muss aber meine Draufschau vielleicht ändern.

EK: Vielleicht muss ich auch was neu bemessen, was nicht heißt, dass die Brücke da nicht steht. Und Wahrnehmungsübungen, hab ich festgestellt, kann man, werden sehr angeregt durch die Kunst. Und so hatten wir eben Projekte mit Frau Professor Bachhuber zusammen. Also ganz wunderbare Projekte, wo wir uns gegenseitig eingeladen haben. Also ich war mit meinen Studierenden bei ihrem Zeichenkurs. Und habe festgestellt, wie das ist, wenn man seine Hand nur anschaut und dann die Hand, die zeichnet, gar nicht sieht. Und habe sehr genossen, was rauskommt, wenn die, Sie mit Ihren Studierenden bei mir im Technikum war.

EK: Für die plötzlich neu war, dass alles gewogen, gemessen, tabellarisiert, verbildlicht in Diagrammen wird.

SF: Tatsächlich…

EK: Und dann mit Normen abgeglichen wird und zur Not verworfen wird, weil's doch nicht genau genug war. Also sehr, sehr spannendes Format und dann zu gucken, kann man das gemeinsam nicht vielleicht in Ausstellungen oder in Katalogen auch Dritten zeigen? Und da sind also ganz wunderbare Exkursionen und Ausstellungen raus erwachsen. Wo natürlich auch immer mal 'n handwerklicher Kopfschmerz dabei war.

SF: Ja, welcher?

EK: Na ja, wie kann man denn ingenieurwissenschaftlich jetzt Kunst vermitteln? Wie anmaßend ist das denn? Zum Beispiel. Wird man auch häufig gefragt, also wie könnt ihr euch denn jetzt auf Kunst einlassen? Es hat auch die Herausforderung, dass wir ja so `nen strukturierten Rucksack in uns tragen. Während, wenn ich also einen Raum zur Verfügung bekomm, eine Ausstellung zu machen, dann ist das für mich im Grunde in fünf Minuten klar.

EK: Da geht so `n Raster durch den Kopf. Die Kunst stellt sich in den Raum und nimmt zwanzig Minuten erst mal den Raum wahr. Und da gibt's auch kein Richtig und Falsch, möcht ich unbedingt betonen. Das heißt nicht, dass mein Rucksack richtig ist, sondern es ist eben ein ganz anderer Rucksack, der auch ganz andere Perspektiven aufnimmt. Und das ist danach zu besprechen.

Und das ist mal kontrovers und manchmal ist es auch gleich sehr einvernehmlich. Zum Beispiel, also das sind so Beispiele. Auch die Fächerkulturen natürlich, die Ingenieurstudierenden sind gewohnt, doch in gewisser Weise strukturiert an die Hand genommen zu werden, weil sie strukturiert arbeiten sollen. Die Kunststudierenden haben sehr große Freiheiten. Im Umweltingenieurwesen kann einem passieren, dass gesagt wird, ich hab jetzt so viel Freiraum, da wissen wir jetzt gar nicht, wie wir’s anpacken. Dass… die Gefahr besteht bei der Freien Kunst eigentlich nicht. Sondern da ist eher schon mal der Satz: „Ja, aber so vorgegeben hatten wir's uns nicht vorgestellt.“

SF: Ja.

EK: Also, wenn ich zum Beispiel, ich mag diese Arbeit an Grenzobjekten, wenn ich, ich hatte mal als Grenzobjekt den Kaffeebecher.

SF: Was sind Grenzobjekte?

EK: Grenzobjekte. Objekte, an denen sich vielleicht zwei Wissensgebiete reiben können.

SF: Ach so, ja.

EK: Das würde ich als Grenzobjekte.

SF: Okay, der Kaffeebecher?

EK: Der Kaffeebecher eben als so `n Objekt. Wenn ich den auf den Tisch stelle und sag, jetzt könnten wir doch zwischen der Kunst und uns mit den Studierenden, was fällt euch zu dem ein und wär das nicht 'n Projekt für uns?

EK: Coffee to go. Coffee Togo. Ah ja. Also, kommt aus Togo und ist To Go, also der becher und da gibt's Kunststudierende, die lassen sich darauf ein, und so ja, genau, das ist ja so `n Produkt, was eigentlich verboten sein sollte und, und, und.

EK: Und die Studierenden von mir sagen dann im besten Fall, ja, das können wir ja bilanzieren. Wir könnten mal den Wasserabdruck oder den KEA, den kumulativen Energieaufwand und abfallwirtschaftlich, was das bedeutet. Das könnten wir alles schön rechnen oder eine Lifestyle Analysis machen. Dann gibt's aber auch kurzstudierende Sachen, so geht es überhaupt nicht. Mit dem Becher ist uns schon so viel vorgegeben, die Kunst muss frei sein. Wir sind nicht mehr frei, wenn der Becher im Raum steht.

EK: Da muss man sich natürlich verständigen, wo ist 'n der Punkt, an dem man zusammenarbeiten kann? Wie viel Kompromisse müssen wir denn aufbringen? Wie viel, ich vergleich das immer so `n bisschen mit Toleranz.

EK: Toleranz, also wenn ich weiß, wo ich stehe, dann kann ich gut den Abstand messen zu etwas, weil ich ja weiß, wo mein Standpunkt ist. Und das ist der Unterschied zur Beliebigkeit.

SF: Toleranz und Beliebigkeit ist nicht das Gleiche, obwohl’s manchmal so ähnlich von außen.

EK: Von außen wirkt's so ähnlich, aber ich denke, interdisziplinär heißt schon, die Studierenden wissen was und davon gehen sie aus. Und dann stellt sich eben die Frage, schaffen wir's in einem Projekt doch miteinander zu arbeiten? Oder kann es sein, dass uns vielleicht doch zu viel trennt und wir 'n neuen Anlauf brauchen?

SF: Mhm, mhm. Okay, verstehe.

SF: Das ist ziemlich schön. Ach, wir dürfen ruhig überziehen, machen wir in der Lehre ja manchmal auch. Jetzt, glaub ich, fünf Minuten oder so dürfen wir uns noch nehmen. Jetzt will ich aber nochmal drauf zurückkommen. Das Beispiel vielleicht, die, einfach zum Schluss noch mal diese, das Beispiel, dass Sie sagen, da gehen Sie in den Raum und die Künstler brauchen zwanzig Minuten, um sich auf den Raum einzulassen, die anderen haben einen strukturierten Rucksack dabei. Wenn Sie zu Beginn des Semesters in den Lehrraum gehen, Sie wissen noch gar nicht, wer da alles sein wird und so und so. Wie gehen Sie da rein? Haben Sie den strukturierten Rucksack dabei und dann wissen Sie gleich, was zu tun ist? Oder nehmen Sie sich zwanzig Minuten Zeit, um diesen Raum erst mal überhaupt einzunehmen oder wie immer man das nennt? Wie ist da Ihre Erfahrung in der Lehre, zu Beginn des Semesters. Dieser Moment. Das kennen Sie, oder?

EK: Ja, das kenne ich.

SF: Wenn man das Paket öffnet und –

EK: Das kenne ich und weil ich das kenne, ist das so, dass ich zum Beispiel in den Raum, in dem das stattfinden wird, geh ich immer vorher schon rein.

SF: Ich mach das auch! Ich mach das auch.

EK: Das mach ich immer.

SF: Manchmal mach ich das, ja.

EK: Das ist schon der Fairness des Studierenden gegenüber, ob alle Technik funktioniert, aber das ist nur eine Seite. Sondern ich will den Raum kennen, für manche Räume bilde ich mir ein, zu kennen und dann ist zu Semesterbeginn doch alles anders. Und da find ich's schon mal gut, dass er vorbereitet ist, wenn die Studierenden kommen. Also, dass dann doch Stühle drinstehen. Also manchmal ist ja auch so was. Aber eben auch, wie ist denn die Gesamtstruktur?

EK: Was hab ich als Raum? Ja, hier bin ich ja nun so viele Jahre beschäftigt, viele Räume kenn ich natürlich.

SF: Genau, ja.

EK: Und dann komme ich natürlich mit 'nem gewissen Erfahrungshorizont in die Vorlesung und habe artverwandte Vorlesungsbestandteile dabei, wie so `n Semester üblicherweise losgeht. Aber ich nehme mir auf jeden Fall die Zeit, mich vorzustellen. Ich frage auch manchmal, was erwartet wird. Aber ich bin nicht enttäuscht, wenn da nicht zu viel kommt am Anfang. Ich hab das vorhin beschrieben, das ist manchmal ungewohnt für die Studierenden, dass sie überhaupt gefragt werden, dass jetzt plötzlich mit Ihnen gesprochen wird. Und beginne dann aber doch strukturiert, zu sagen, was erwartet uns in dem Semester? Was sind die Beteiligten, halt ich immer für wichtig, im fairen Umgang miteinander, auch wenn's in der Ordnung steht, find ich trotzdem auch so wichtig zu sagen, das sind die Prüfungsformate. Das haben wir vor. So sind die Grundsätze. Was halt ich für fair?

EK: Ich halte für fair, wenn ich weiß, dass ich mal nicht da bin, dass ich es rechtzeitig erfahrt, wenn ich das nicht vertreten lassen kann.

EK: Und wenn ihr alle miteinander wisst, dass ihr eine andere Exkursion habt, halt ich's auch für fair, dass ihr mir das mitteilt.

Also, so steige ich ein. Mein Anspruch ist, dass ich spätestens nach einem Drittel der Lehrveranstaltungen ungefähr fünfzig Prozent der Studierenden mit dem Namen nennen kann. Das kommt aber durch diese Zwiesprache, dass ich eben sag: „Ja, auch Sie haben was mitgebracht, sagen Sie doch mal Ihren Namen.“ Und dann versuche ich das und je nachdem, wie ich Zeit hab, guck ich dann noch mal in die Teilnehmendenliste. Vorher, manchmal auch nicht.

Bei manchen, da denkt man schon, hab ich ihm doch schon dreimal meinen Namen gesagt. Aber so, das – dieses: Ja, wir kennen uns ja, wir wollen doch miteinander was erreichen. Und dafür sollen wir uns doch auch beim Namen nennen.

SF: Das find ich gut. Ich frag mich nämlich immer und auch immer wieder, also in den Gesprächen kommt es auf, wie erfahre ich die Namen und wie lerne ich die alle kennen, die mir da gegenübersitzen mit Schildchen oder so was. Aber Sie machen's wirklich mit „Sagen Sie noch mal Ihren Namen“. Und das machen Sie dreimal und dann erlauben Sie sich's nicht.

EK: Na ja, so, nee, also ungefähr, so mach ich das.

SF: So in etwa.

EK: Und es gibt, ich hatte jetzt aber auch schon mal, dass Studierende von selber 'n Schildchen sich gemacht hatten und es einfach hingestellt haben. Das ist aber die Ausnahme.

SF: Ah! Ja, aber immerhin, da kam bei mir noch jemand auf die Idee. Das ist ja wirklich sehr, sehr schön. Jetzt hatte ich grade noch eine noch eine Idee, aber jetzt ist sie mir gerade wieder entfallen. Irgendeine Frage wollt ich noch stellen…. Ach so, doch, genau. Doch, gerade jetzt zum Schluss haben wir das alles noch mal berührt und vielleicht, das lohnt sich doch noch mal. Es ist doch, Lehre ist doch eine Beziehungsarbeit dann. Sie haben's ja auch grad noch mal gesagt, wir haben miteinander zu tun, man möchte wissen, wer das ist. Es ist eine, man gestaltet irgendwie einen Raum in Beziehung, zumindest für diese neunzig Minuten, wenn nicht gar die ganzen Wochen des Semesters, wenn nicht gar 'n ganzes Studium lang. Größter Teil der Arbeit ist, Beziehung organisieren. Ist das nicht so?

EK: Das ist so. Das ist das das ist auch das Wunderbare. Deswegen freu ich mich auch, in dem Präsenzstudium zu sein. Das ist auch der Unterschied zu traditionellen Forschungseinrichtungen.

SF: Ja, richtig.

EK: Dass wir das hier dass wir das hier miteinander verbinden können. Und das ist das Teil dieses Wunderbaren und auch hat auch was mit Magie zu tun, wenn man später eine eine der Absolventinnen trifft und die sagen dann, und das und das. Und Herr Kraft, von Ihrer Vorlesung, da weiß ich nix mehr. Aber dass wir immer gelesen, gehört, gestreamt haben, das weiß ich bis heute.

SF: Ah ja. Sehr schön. Herr Kraft, ich danke Ihnen für das schöne Gespräch.

EK: Vielen Dank.

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