Ep. 03 – Gespräch mit Nicole Baron

Shownotes

In dieser Episode erinnern sich Simon Frisch und Nicole Baron an die jeweiligen Zeitpunkte, an denen sie mit dem Lehren begannen. Schnell kommen sie auf konkrete und praktische Aspekte zu sprechen: Wie plane ich eine Lehrveranstaltung? Wie führe ich sie durch? Und wie bringe ich die Studierenden zum Mitarbeiten? Nicole Baron beschreibt, wie sie sich im Spannungsfeld zwischen Planung und Spontaneität bewegt, und gibt Tipps und Tricks rund um das Handwerkszeug für die Arbeit in der Lehre weiter. Dazu gehört auch das Feedback, eine Kunst für sich, die geübt und erlernt werden will. Ins Gespräch zu kommen ist der Kern eines jeden Seminars und dafür einen sicheren Raum zu schaffen, in dem man ausprobieren und stolpern darf - kurz: lernen kann, ist unabdingbar. Manchmal geht es auch darum, Stille auszuhalten und immer darum, jeder Stimme Raum zu geben.

Unser Host: Dr. Simon Frisch ist Vizepräsident für Lehre und Lernen an der Bauhaus-Universität Weimar und er leitet die Dozentur für Film- und Medienwissenschaft. Er interessiert sich besonders für die spezifische Praxis der Theorie und für die ostasiatischen Wegkünste sowie die Spaziergangswissenschaft als Perspektive und Methode in Lehre und Forschung.

Mitwirkende: Host: Simon Frisch Sound-Design und Schnitt: Jonas Rieger, Laura Khachab, Moritz Wehrmann Musik: Sebastian Lederle Artwork: Andreas Wolter Ton und Technik: Moritz Wehrmann, Zaryab Chaudhry Marketing und Social Media: Claudia Weinreich, Marit Haferkamp Juristische Beratung: Laura Kister Digitale Barrierefreiheit: Christiane Hempel Transkript: Laura Khachab Produktion: Nicole Baron Distribution: Jonas Rieger, Ulfried Hermann

Weiterführende Links: www.uni-weimar.de https://www.uni-weimar.de/de/universitaet/lehre/

Folgenwebsite: www.uni-weimar.de/lehre-podcast

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Episode 3 – Gespräch mit Nicole Baron

Nicole Baron – NB

Simon Frisch – SF

SF: Dann fangen wir jetzt an. Ja, das Mikro ist aufgegangen und wir freuen uns. Wir treten jetzt auf. Beginnen wir mit ein paar Worten zu den handelnden Figuren, die in den nächsten fünfundvierzig Minuten hier zu hören sind. Wer sind wir, wenn wir hier sprechen, als die wir hier sprechen, hier jetzt in diesen fünfundvierzig Minuten über Lehre und Lernen? Ich hab bisschen darüber nachgedacht, wir sind ja immer viele. Ich zum Beispiel, ich bin ein Sohn von Eltern, ein Bruder von einer Schwester und so weiter und so weiter. Ich bin auch ein Vater von Kindern und als wer bin ich jetzt eigentlich hier, hab ich mir überlegt.

SF: Und ich bin auch ein Dozent und ich bin auch ein Vizepräsident für Lehre und Lernen, der sich für Lehre interessiert. Und als diese beiden bin ich eigentlich hier. Die anderen Figuren, die anderen Personen, die ich auch noch alle bin, so zahlreich bin ich gar nicht da. Also ich bin als diese beiden hier, als Dozent und Vizepräsident, der sich für Lehren und Lernen interessiert. Ich bin als Lehrender auch, der für sich für Lehre interessiert, seit zehn Jahren hier an der Bauhaus Universität und seit etwa fünfundzwanzig Jahren lehr ich überhaupt in der Universität.

SF: Als wer bist du hier? Als - wer wird hier mit mir sprechen?

NB: Ja, mein Name ist Nicole Baron. Ich bin Mitarbeiterin der Universitätsentwicklung hier an der Bauhaus Universität Weimar. Und ja, ich würd auch mich als Person bezeichnen, die sich für Lehre begeistert und diese auch aktiv durchführt. Angefangen hab ich damit 2014, da hab ich hier als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Bauhaus Universität angefangen, damals an der Fakultät Architektur und Urbanistik. Und ich hab recht schnell gemerkt so, okay, das ist ganz schön schwierig jetzt so aus der eigenen Erinnerung als Studentin heraus, gute Lehre zu machen und hab mir dann damals Hilfe gesucht hier im eLab. Hab die bekommen, das war total hilfreich und hab dann auch relativ schnell eine Weiterbildung angefangen, zu Hochschuldidaktik. Und das war wirklich für mich auch ein Kernerlebnis, glaub ich, um mich selbst weiterzuentwickeln und ja, da eben auch noch mal anders Feuer zu fangen als eben aus der Perspektive der ehemaligen Studentin, ne. Wenn man so völlig ohne didaktische Ausbildung in diesen Beruf geht, dann ist es, ist ja das Einzige, worauf man in der Regel zurückgreifen kann, sag ich mal, die eigenen Erfahrungen als Studierende und vielleicht noch berufliche Erfahrungen.

SF: Sehr gut. Sehr, sehr interessant. Also grade wie du - grade diese Schichtung, da möcht ich mal genau in dem Moment ansetzen, wo du sagst: Und da hab ich dann angefangen zu lehren und hab zurückgegriffen auf – Wie, kannst du das beschreiben, dieses, wie war die Situation? Du bekommst dein erstes Seminar oder wie funktioniert das? Und wie funktioniert dieses Zurückgreifen? Wie fühlt sich das an? Oder was hast du da gemacht, als du plötzlich lehren musstest? Vielleicht kannst du 'n bisschen erzählen.

NB: Ich kann mich erinnern, dass ich große Angst hatte und großen Respekt, weil ich mich auch kurzfristig in ein neues Thema einarbeiten musste. Das heißt, ich hatte nicht nur die Herausforderung, „oh, ich muss jetzt 'n Seminar gestalten“, das war noch völlig irrsinnig, ein hybrides Seminar 2014, zwischen Deutschland und Äthiopien. Also es war einfach ein Riesenchaos.

SF: Schon Hybrid, einfach das erste Seminar. Wow, wow. Okay, ja.

NB: Und deswegen kannst du vielleicht auch verstehen, warum ich dann erst mal ins eLab gerannt bin, und dachte so: Oh Gott, Hilfe! Und damals war eine Mitarbeiterin hier und die hat mir erst mal erklärt, so, apropos, es gibt Lernziele und man kann eine Lehrveranstaltung auf Lernziele ausrichten. Und da hab ich natürlich wie wie's Schwein ins Uhrwerk geguckt, aber trotzdem war das erst mal hilfreich und dann konnt ich starten mit dem, was ich da zur Verfügung bekommen hab.

SF: Das heißt, du hast diese erste Lehrveranstaltung dann sofort mit Hilfe gemacht. Du hast gesagt: Was, ich muss lehren? - Auf Telefon oder weiß ich nicht, E-Mail. Ich brauch Hilfe, ich muss nämlich lehren.

NB: Ja, ich glaube, der Tipp kam von 'nem Kollegen, der daraus diesen Studiengang koordinierte. Das war auch so `n, ich sag mal, experimenteller Studiengang, da wollte man eben schauen, ob man, ja, wie sagt man das? Es - das war so `ne Förderung zum Aufbau eines neuen Studiengangs, sagen wir’s so. Und da gab's eben jemanden, der dieses Projekt geleitet hat und der hat mich da so `n bisschen an die Hand genommen und gesagt: So, guck mal, das und das brauchen wir ungefähr. Und hier kannst du dir Hilfe suchen, wenn du Support brauchst.

SF: Ich, das das ist ziemlich, das ist natürlich sehr, sehr schön. 2014 - bei mir war's 1999. Ich bin durch die Bibliothek gelaufen, kam 'n Kollege zu mir und sagte: „Sag mal, möchtest du“, da hab ich grad meine Promotion angefangen, „möchtest du nicht auch mal lehren?“ und dann hab ich gedacht, ja, hab ich drüber nachgedacht, dass ich irgendwann mal lehren möchte. Dann sagt er: „Nee, weil der Professor soundso ist jetzt im Freisemester und wir brauchen einen. So. Willst du 'n Lehrauftrag machen?“ Das war im September und im Oktober ging das Semester los, so war mein erster - und da hab ich ganz schön gezittert und ganz schön geflattert. Und das war dann so, ich hab dann das Seminar von ihm übernommen, da ging's um Authentifizierungsfiguren im Autorenfilm, so. Und alle haben mir verkauft oder gesagt, das ist doch ganz einfach, Seminar ist schon fertig, das musst du dann nur noch machen. Und so war es so. Und das war's dann. Also eigentlich würd ich sagen normal, das oder jedenfalls ich - in vielen Gesprächen hab ich eben erlebt, dass es – so, die erste Lehrerfahrung läuft so. Man kriegt dann einen Schlüssel, damals waren noch Schlüssel, noch keine Karten. Und dann hat man da seinen Zeitslot und dann geht man da rein und dann sitzen da Studierende, mit denen man vorher studiert hat zum Teil. So war das bei wie, also saßen dann da. Und auf einmal war ich derjenige, mein Hauptproblem war, wieso sollen die mir glauben, dass ich jetzt der andere bin? Also das war plötzlich so, war 'n wahnsinniger Rollenkonflikt als Erstes. Ah, die Schuhe. Die Schuhe knarzen.

Ja, und jetzt konntest du dir aber gleich Support holen und hast wirklich das erste Seminar gleich - Na ja, gut, das war natürlich technisch natürlich auch voraussetzungsvoll oder aufwendiger, bei mir war's einfach, im Grunde - Und deswegen ist die Frage eigentlich interessant, welche Räume gibt… welche Räume oder wie haben sich vielleicht auch Räume des Lehrens, kann man Räume des Lehrens unterscheiden? Und wie haben die sich verändert? Und was war da deine Erfahrung mit hybrider Lehre? Hast du als Lernende schon Hybrid? Konntest du auf Erfahrungen als Lernende zurückgreifen und dann so was sagen: So fühlt sich das jetzt wahrscheinlich auf der anderen Seite an? Oder so weiter?

NB: Nein, überhaupt nicht. Also ich wurde da völlig ins kalte Wasser geworfen.

SF: Also auch, ja, schon.

NB: Ich hab 2009 mein Diplom abgeschlossen in Architektur und damals gab es Onlinelehre noch gar nicht, also noch nicht mal Moodle, dass man da irgendwelche Dokumente ablegte.

SF: Ach.

NB: Es war alles analog.

SF: Ach.

NB: In meiner Erinnerung jedenfalls. Das einzig Digitale war bei uns eben dann AutoCAD und Rendern und schöne Bildchen machen.

SF: Was ist das, AutoCAD?

NB: Also digitale Programme, um Architekturzeichnungen herzustellen.

SF: Ach so.

NB: Und Bilder zu generieren, wie denn später die Architektur aussehen möge. Aber selbst das wurde ja dann immer auch ausgedruckt und an die Wand gehängt und dann war's wieder physisch greifbar oder wir haben Modelle gebaut und so weiter.

SF: Okay, Werkzeuge, um Architektur zu betreiben, aber nicht, um Lehre zu betreiben. Das war zunächst mal gar nicht aufm Schirm, dass man Werkzeuge hat außer 'nem Klassenraum und sich selbst sozusagen.

NB: Genau.

SF: Und dann?

NB: Ja und dann?

SF: Äthiopien auf einmal.

NB: Äthiopien auf einmal, genau. Mit Äthiopien war ich schon vertraut. Ich hatte 2010 'n halbes Jahr 'n Praktikum dort gemacht und hatte dort durch einen Professor, der hier in Weimar gelehrt hat, ja, wunderbare Erfahrungen in dem Land gesammelt. Und bei ihm hab ich dann eben auch meine Promotion angefangen und war dann auf einmal Mitarbeiterin und sollte da dieses Thema Urban Resilience bespielen. Und ich glaube, ich hatte ähnliche Probleme wie du, dass ich Angst hatte, fachlich nicht kompetent zu sein. Einfach auch, weil ich mich in dieses Thema ja neu einarbeiten musste. Und dann war's wirklich so `n bisschen, sagt man so schön, also nicht nur Learning by Doing, sondern auch dieses so tun, als ob, so lange, bis es läuft, ne.

SF: So war das bei mir auch. Ich hatte das Gefühl, ich hab einen ganz großen Mantel bekommen, der schleift überall und schlackert und ich muss jetzt irgendwie versuchen, den zu füllen. Die müssen mir glauben, dass der mir passt.

NB: Genau.

SF: Ja, ja, klasse. Aha.

NB: Und ich glaube, das hat ganz gut geklappt, weil das damals 'n wahnsinnig neues, frisches Thema war und alle Studierenden mit großen Augen vor mir saßen und sehr beeindruckt waren von dem, was sie da gelernt haben. Im Nachhinein würde ich sagen, das war jetzt nicht unbedingt die Sternstunde meiner Lehrkarriere.

SF: Ja, kann ich auch so sagen.

NB: Ich hab ja danach ganz viel gelernt in meiner Weiterbildung, zum Beispiel über kompetenzorientiertes Lehren und Lernen, was ich auch heute ganz viel betreibe und auch darüber, wie man eine Lehrveranstaltung plant.

SF: Mhm. Wie plant man denn eine Lehrveranstaltung?

NB: Danke, dass du das fragst.

SF: Ja, natürlich.

NB: Wie du schon weißt, bin ich eine Person, die sehr gerne Sachen plant.

SF: Ja. Und sehr gut.

NB: Und das ist für mich etwas, was mir Sicherheit gibt. Und von dem aus ich dann aber auch flexibel agieren kann, ne. Wir haben jetzt hier unsere unsere Podcastaufnahme, eigentlich war die die Aufnahme ganz woanders geplant.

SF: Mhm.

NB: Und ich hatte das alles durchgetaktet und vorbereitet und dann kann auf einmal ein Teammitglied nicht, ne. Und jetzt sitzen wir hier im Zelt bei bei E-Teach und machen unsere Aufnahme. Aber ich glaube eben, dadurch, dass ich vorher das alles geplant hatte, bin ich jetzt in der Lage, okay, ich kann flexibel reagieren darauf. Und ja, wie plant man eine Lehrveranstaltung?

SF: Genau.

NB: Ganz wichtig sind für mich die Lernziele. Das heißt, am Anfang überlegt man sich, was will ich denn überhaupt in meiner Lehrveranstaltung? Mit welchen Kompetenzen, mit welchem Wissen sollen die Studierenden am Ende rausgehen? Und das kann man dann relativ gut in so in so `ner Art Listenform machen. Die Studierenden sollen zum Beispiel in meinem Seminar lernen, was Urban Resilience ist. Sie sollen Urban Resilience anwenden an einem Beispiel, an einem Fallbeispiel zum Beispiel. So, und da gibt es dann bestimmte Hilfsmittel, wo man sagen kann, okay, diese Lernziele haben unterschiedliche Schwierigkeitsstufen, die aufeinander aufbauen. Und dann, was ich immer sehr gerne mache, ist, dass ich eben nicht nur auf meine Lernziele, auf Wissen abziele, sondern da auch methodisches Wissen, Anwendungswissen, Anwendungskompetenzen versuche, zu vermitteln. Also ich gebe dir mal 'n Beispiel, ich hab -

SF: Wollte ich grad vorher grad fragen, hast du ein Beispiel, ja!

NB: Ich hab Academic Skills gelernt, gelehrt, zwei Semester lang. Und da ging's drum, okay, diese Studierenden, die in ihrem Bachelorstudium vermutlich keine wissenschaftlichen Skills mitbekommen haben, die sollen jetzt auf dem Weg mitbekommen, wie nun akademisches Handeln funktioniert. Wie man akademische Texte schreibt, wie man liest. Und ich hab ja selber Architektur studiert, das heißt, ich weiß sehr genau, was man kann und was man nicht kann, als Architektin oder Städteplanerin. Und das heißt, ich gestalte dann mein ganzes Seminar so, dass die Studierenden, sag ich mal, 'n Exposé schreiben, dafür zum Beispiel ihr Forschungsprojekt für den Master entwickeln, inhaltlich. Aber um dieses zu tun, gibt es eben eine Stunde dazu, wie liest man wissenschaftliche Texte? Welche Tipps und Kniffe gibt es?

SF: Welche gibt's denn?

NB: Und nur, nur ganz kurz –

SF: Ja, ja.

NB: Und dann wenden sie das halt an, kriegen eine kleine Hausaufgabe, dann müssen sie das eben anwenden. Und so führe ich sie quasi durch diesen handwerklichen Prozess. Und nebenbei lernen sie dann eben, okay, wie funktioniert Wissenschaft?

SF: Okay, erst mal, das find ich wirklich super. Also akademisches Handeln ist ein Handwerk. Bin ich total dabei.

NB: Ja. Würd ich sagen.

SF: Das ist die Praxis der Theorie. Ich rede immer von der Praxis der Theorie. Es gibt ein Handwerk, Lesen ist ein Handwerk, Lesen ist eine Praxis, Schreiben ist eine Praxis, Theorie hat eine eigene Praxis und so weiter und so weiter. So `n bisschen in der Richtung hab ich dich jetzt auch verstanden, aber jetzt hast du Tipps und Tricks fürs Lesen, zum Beispiel. Wenn ich - krieg ich solche Ohren und find ich natürlich hochinteressant. Welche gibt's denn? Genau.

NB: Zum Beispiel, dass man eben nicht jeden Text, den man von der Überschrift her spannend findet, von oben bis unten liest. Wenn's jetzt darum geht, sich in einem neuen wissenschaftlichen Feld zu orientieren. So, das braucht einfach viel zu viel Zeit. Sinnvoll ist zum Beispiel dann zu sagen, okay, ich les das Abstract, ich les die Einführung, ich les zum Beispiel die Methode und ich les den Schluss. Und mach mir halt dazu eine kleine Notiz. Ich hab da 'n kleines Arbeitsblatt für die Studierenden. Und ich sag dann immer, okay, im Anschluss, nachdem ihr von mir aus dreißig Papers, vierzig Papers so durchgearbeitet habt, macht ihr euch eine Liste, mit ABC, die allerwichtigsten, die ich unbedingt lesen muss, die zweitwichtigsten und die Nice to Have Papers oder Texte. Und dann arbeitet ihr dann danach wirklich noch mal intensiv in die Texte rein.

SF: Also die kriegen vierzig Texte. Und wo ist dann Zeit und Ort, wo die das machen, von dem du grad geschrieben - gesprochen hast, diese vierzig Texte zu, ja, irgendwie in dieser Lesepraxis zu sortieren oder in irgend 'ner Form erst mal zu kontaktieren. Ich nenn's mal so.

NB: Das findet dann zu Hause statt.

SF: Zu Hause.

NB: So `n Seminar ist ja nicht nur die, der Unterricht, das ist ja vielleicht 'n Drittel oder fünf, fünfzig, wie viel -

SF: Egal. Ein Anteil.

NB: Ein Anteil. Ist ja nur 'n kleiner Anteil dessen, was man in fürn Seminar machen muss. Ganz viel findet ja zu Hause statt.

SF: Findet das statt? Wie geht das in der, ja?

NB: Ich geb ihnen Aufgaben dafür, ne. Die müssen dann eben drei Wochen später eine kleine Literaturrecherche abgeben. Und dann mach ich im Unterricht meistens mit ihnen eine Art Peer Review, dass die dann gegenseitig noch mal sich die Literaturrecherchen lesen und Feedback geben. Das heißt, sie lernen dann wieder Feedback geben. Und dadurch, dass sie eben andere Beispiele lesen, können sie auch noch sagen: Aha, ach, der hat das ja toll gemacht, das muss ich bei mir auch so machen.

SF: Gibst – ja, voneinander super, ja. Gibst du da Hinweise, wie das mit dem Feedback, wie die das mit dem Feedback machen?

NB: Ja, mach ich auch.

SF: Und zwar welche?

NB: Konstruktives Feedback ist 'n ganz wichtiges Skill Set. Ich finde, das lernen wir, wenn wir jetzt wieder auf die Architekturausbildung kommen, leider oder hab ich leider in meinem Studium nicht gelernt.

SF: Sondern? Wie war es da? Da ist es destruktives -

NB: Destruktiv.

SF: Okay.

NB: Das und das und das ist falsch.

SF: Ah ja, okay. Mhm.

NB: Ne, und ganz selten gibt es mal eben dann auch welche, wo man dann sagt: Oh, das ist toll und die werden dann gelobt und - aber bei konstruktiven –

SF: Bewertend, sozusagen. Bewertendes Feedback.

NB: Ja. Und oft auch auf die Person bezogen, ne, dass die Personen dann runtergemacht werden für das, was sie geleistet haben. Und das geht halt gar nicht.

SF: Ist das systematisch oder situativ oder gehört das zur Architektur? Bereitet man sich da auf die Welt da draußen vor oder wie würdest du's einschätzen? Was ist das für eine…

NB: Ich glaub schon, dass das eine Fächerkultur war. Ich glaube, dass es aktuell einen Wandel gibt.

SF: Mhm. Ah ja.

NB: Und auf das konstruktive Feedback nochmal zurückzukommen, konstruktives Feedback heißt, ich lese mir zum Beispiel deinen Text durch und picke mir dort Textstellen ganz konkret heraus, die ich gut finde, wo ich sage: Mensch, das hast Du richtig gut formuliert, hier kann ich dir richtig gut folgen in dem Absatz. Oder: Von dem Absatz zum nächsten Absatz, der der Übergang ist noch nicht, der ist noch nicht smooth genug. Finde da mal noch andere Übergangswörter oder verbindende Wörter. Oder: Hier benutzt Du ein Wort, was eben umgangssprachlich ist, find dafür mal was Wissenschaftlicheres. So, ne? Also das ist ja schon sehr, sehr konkret. Und ganz wichtig find ich eben auch, die Dinge herauszuheben, die sie schon richtig machen. Weil woher soll ich denn wissen, was ich nicht mehr verändern muss, wenn mir nicht jemand sagt, hey, das ist gut gelaufen, lass das so, kümmer dich um was anderes, eine andere Baustelle.

SF: Okay, das versteh ich. Wann ist dieses, also wann kann man mit dem - ich frag jetzt einfach mal, vielleicht sagst du ja „nie“, wann kann man mit diesem positiven Feedback geben aufhören oder muss?

NB: Ich seh da keine Grenze.

SF: Nee, ne.

NB: Also man sollte es immer vermischen, denk ich. Also das positive Feedback wird ja manchmal so abgetan, als: Oh, hier werden Leute so gebauchmiezelt, ne. Da wird wird einfach nur 'n bisschen zu gutgetan…

SF: Ja, was ist da?

NB: Und dann lernen die ja gar nicht, wie's draußen in der echten Welt ist oder…

SF: Ist die Uni keine echte Welt?

NB: Anscheinend in der Wahrnehmung vieler Leute nicht. Vor allem nicht, wenn die Leute zu viel gelobt werden.

SF: Ah ja, dann ist es keine echte Welt. In der echten Welt wird nicht gelobt. Die echte Welt ist die Hölle.

NB: Ja, genau.

SF: Und die Uni ist der Himmel.

NB: Und ich finde ja aber, die Studierenden sollen ja an der Uni und in unseren Seminaren was lernen. Und man kann doch nur lernen, wenn man auch gesagt bekommt: Hey, das hast du richtig gut gemacht. Und da, an der Stelle musst du noch arbeiten.

SF: Ja, das ist super. Ich, also es gibt, mir stellt sich manchmal aber immer diese Frage, wenn man da so `nen wohl angelegten Garten hat, wo man in 'ner sinnvollen Reihenfolge von Kraut zu Kraut kommt und das baut sich auf und irgendwann - Was ist, wenn man plötzlich in der Wildnis steht? Wann lernt man, in der Wildnis Wege zu finden und zu bahnen? Und wann lernt man zum Beispiel, auch mit destruktivem Feedback umzugehen? Oder wie kann man das lernen? Gibt's das auch in, also gibt's da was?

NB: Ich glaube, aus destruktivem Feedback lernt man halt nicht.

SF: Doch.

NB: Also außer, dass man sich persönlich 'nem Panzer zulegt und dagegen Widerstand, also lernt, damit umzugehen. Aber ich lerne für die eigentliche Sache in der Regel nichts.

SF: Richtig, das stimmt natürlich. Ich lern für die Sache nichts, aber das stimmt andererseits - ich lerne doch, ich lern doch was. Da würd ich sagen, doch, da hab ich inzwischen, da hab ich viel drüber nachgedacht, weil ich mich natürlich gefragt hab: Was mach ich denn, wenn der andere, also wenn von außen nicht die Kompetenz des konstruktiven Feedbacks sozusagen mitgebracht ist oder da - geh ich dann weg, lass ich's oder sonst irgendwas? Also welche Möglichkeiten hab ich denn sozusagen als Feedbackempfänger - Empfängerin, also ich jetzt als Empfänger - da eine Flexibilität in Hinsicht, ich - also nicht, dass ich nicht fordern und erwarten muss, eine bestimmte Art von: Wie kann ich damit umgehen? Und das hab ich in 'nem, das ist aber halt noch gar nicht lange her in 'nem ich glaub, das war in 'nem ganz anderen Kontext. Das war gar nicht Universität, sondern das war in der Vorstandsarbeit im Waldkindergarten, wo meine Kinder waren. Da war ich eben in der, da war ich in im Personalvorstand.

Und da war's in den Runden immer so, dass wenn es, die hatten eine sehr, sehr komplexe und sehr gute Kommunikationskultur, muss ich wirklich sagen. Das hat mich wirklich beeindruckt, hab ich viel gelernt. Die haben das immer so gemacht, man hat 'n Redestab bekommen in so `ner Reihe. Und dann haben immer die anderen gesagt: „Danke, ich habe dich gehört.“ Dadurch ist 'n Raum entstanden, der einfach, wo alles erst mal reinlaufen kann, bevor es einen berührt. Und in dem Moment hat man irgendwie eine Möglichkeit, nicht nur Feedback, also die Kompetenz, Feedback nicht nur zu nehmen, sondern Feedback auch zu empfangen, nämlich egal was: Danke, ich habe dich gehört. Und der nächste Satz ist dann der: Ich werd mal sehen, ob ich's brauchen kann. Ich kann's aber auch wegschmeißen. Ich kann's da einfach laufen lassen.

NB: Genau.

SF: Das fand ich `n interessanten Link in die andere Richtung.

NB: Das ist total wichtig und das ist tatsächlich auch eine Sache, die bei mir immer dann auf dem auf der Anleitung steht: Diskutiere nicht mit dem Feedbackgeber.

SF: Ah, genau. Das ist der -

NB: Nimm es an. Danke der Person, egal, ob du damit einverstanden bist oder nicht.

SF: Da ist es ja.

NB: Aber ich muss sagen, hier sind wir, also in dieser Situation, wo die Studierenden sich gegenseitig Feedback geben, sind die sicher, begegnen die sich auf Augenhöhe. Was ich problematisch finde, ist, wenn wir in einer, weiß ich, Präsentation sind und die Lehrkraft prescht so auf einen ein. Dann kommt ja auch noch diese Hierarchie hinzu. Also ich muss sagen, im Studium hätte ich, glaube ich, nicht den, also da hatt ich einfach auch nicht das Handwerkszeug, darauf konstruktiv zu reagieren, was mir da von den Lehrenden entgegengeschmissen wurde.

SF: Verstehe.

NB: Und das liegt, glaub ich, auch an der Hierarchie. Ich sag ja so `nem Professor als einfache Studierende nicht so: „Ah ja, danke, dass du - ich habe dich gehört. Ich nehme das mal mit ins Plenum.“

SF: Ja,nich versteh schon. Ja, ja, natürlich. Das ist natürlich eine Energie.

NB: Und ich muss sagen, ich hab das – ich hab es gelernt in Schreibworkshops mit Workshopleiterinnen, die mir eben konstruktives Feedback beigebracht haben. Und ich habe es im Rahmen meiner Doktorarbeit gelernt, als ich geübt habe für die Verteidigung. Da war ich auch in so Weiterbildungen, wo's um Kommunikation ging und wie fängt man eben clever solche miesen Fragen oder Co-Referate ab? Also ja. Also es ist wieder tatsächlich die explizite Lehrsituation, wo man sagt, okay, das und das passiert. Das und das kannst du machen.

SF: Das finde ich total interessant. Also, jetzt fällt mir grad was ein. Lehrende haben eine große eine große Verantwortung für das Kraftverhältnis, das sie bilden, ne. So könnte man’s beschreiben.

NB: Fehlerkultur.

SF: Man kommt da rein, man stellt einfach ein Kraftfeld her, alle warten, ordnen sich. Alle sind lieb. Alle sind gutwillig. Alle sagen: So, jetzt bin ich gekommen, ins Seminar. Und jetzt muss man eigentlich – hat man da eine große Verantwortung, die einem da zuwächst aus der ganzen, ich sag jetzt mal, Hörerschaft, aber nicht immer ist das ja eine Hör, eine Hörgemeinde, sondern eine Mitarbeit-und so weiter-und so weiter-Gruppe. Und diese Verantwortung zu nehmen, muss ich auch ganz ehrlich sagen, das ist auch wirklich eine echte, bewusste Erfahrung, die ich im Laufe meines Lehrens gemacht hab. Dieses Kraftfeld zu spüren, ernst zu nehmen und auch zu sehen, dass ich dafür Kräfte aufbauen muss. Also was ich oft erlebe, ich hab ja eine Hochdebutatsstelle, also ich hab ja vierzehn Stunden in der Woche. Und was ich oft von Kolleginnen und Kollegen höre, die sagen: Mir ist ja neun schon zu viel. Und ich frag mich, mir ist das nicht zu viel? Und ich frag mich, wie das eigentlich ist.

SF: Und ich glaube, dass man einfach allmählich dafür, so, wie wenn man Sport macht und so weiter, dass man irgendwie eine Kraft, also auch Kräfte aufbaut, mit denen man das dann trägt. Man geht nicht nach fünf Jahren als derselbe ins - also ich bin dann nicht mehr als derselbe ins Klassenzimmer gegangen. Ich sag immer Klassenzimmer. Es gefällt mir so als - ja, ist vielleicht auch 'n bisschen kokett. Aber nicht mehr als derselbe, sondern als jemand, der da reingeht, dann ist der Raum da. Früher, ich hab das richtig physisch erlebt, wie ich in den Raum gehe und es gelingt mir nicht, über den Schreibtisch hinaus den Raum also zu füllen oder was. Das habe ich so richtig erlebt und hab dann immer - Hast u da Techniken, bevor ich jetzt so wieder… Mit so was? Gehst du mit so was um?

NB: Da muss ich sagen, da kommt dann vielleicht die Magie ins Spiel bei mir persönlich. Also da habe ich wenig konkrete Techniken. Was ich einfach für mich gemerkt habe, ich bin ein Mensch, der selber sehr begeisterungsfähig ist. Und ich strahle das, glaube ich, auch auf meine Studierenden aus. Das heißt, ich steh dann vorne, ich lächle, ich guck die Leute direkt an, ich spreche sie an, ich zieh sie in meine Präsentationen mit rein. Ich aktivier sie regelmäßig. Und ich glaube eben, diese Begeisterung, die ich für mich, in der Regel für mein Thema entwickeln kann, die kann ich auch auf einen großen Teil der Studierenden übertragen. Und dann gibt das so `ne Grundschwingung im Raum.

SF: Das wäre so was. Sozusagen, du kommst rein und im Grunde, du hast es noch gar… das könnte man so beschreiben. Vielleicht füllt sich dann einfach gleich der ganze Raum und alle schwingen mit. Wie machst du das mit dem Aktivieren, ganz konkret? Das war lange bei mir 'n Thema. Wie mach ich das eigentlich, dass wir alle miteinander reden? Wie geht so was im Seminar? Finde ich immer wieder interessant.

NB: Da kommen wir wieder zurück auf die Planung. Ich hab einfach so `n kleines Repertoire an Sachen, die ich sehr gerne mache mit meinen Studierenden. Das heißt, ich arbeite viel mit so `nem Whiteboard und dann so Stickern, oftmals auch im digitalen Raum. Das heißt, ich stell da eine kleine Aufgabe in den Raum zu etwas, was ich gerade behandelt habe und sag: „Ja, na, ihr habt jetzt hier über Resilienzqualitäten gelernt, jetzt überlegt doch mal, wie welche Resilienzqualitäten eure Heimatstadt hat.“ Und dann setze ich die zehn Minuten ans Whiteboard und dann sollen sie für sich erst mal überlegen und dann kommen sie zusammen ins Plenum und dann darf jeder mal eine Qualität mit reinwerfen zum Beispiel in einen großen Topf. Oder ganz einfach, ich erzähl 'n bisschen was und stell dann eine Frage. So, was haltet, was denkt ihr denn, was Shocks and Stresses sind, in der Resilienzforschung? Was könnte Städte bedrohen sozusagen, ne?

SF: Genau, das kenne ich.

NB: Also das ist vielleicht das Einfachste.

SF: …stelle Fragen.

NB: stelle Fragen.

SF: Okay. Ich stelle Fragen. Jetzt erleb ich das aber oft und hab in vielen Gesprächen auch erlebt, dass dann keiner was sagt.

NB: Mhm. Lange warten ist 'n guter Trick, das zehn zählen im Kopf.

NB: Und ich glaube, wenn die Studierenden lernen, dass ihre Antworten ernst genommen werden und dass es eben eine positive Fehlerkultur gibt. Und das baue ich, dieses Vertrauen baue ich meines Erachtens nach immer durch diese kleinen Übungen auf. Da darf dann immer jeder was sagen, da achte ich eigentlich drauf. Gut, ich hab das Privileg, immer in sehr kleinen Seminaren zu arbeiten, ne.nDas kann man natürlich nicht auf eine Vorlesung oder vielleicht auch 'n Seminar mit dreißig Leuten übertragen. Aber ich denke, auch mit dreißig Leuten und so 'nem Whiteboard könnte man sagen: So, okay, ich geh jetzt mal durch den Raum, ich nehme mir hier so `n paar Sticker raus und dann sag doch mal die Person, die den Sticker produziert hat, was sie sich dabei gedacht hat. Also, dass es eben nicht dieses Prinzip gibt: Oh, die, die am schnellsten die Hand heben, das sind sowieso immer dieselben, ne. Das sind die Extrovertierten, das sind die, die Klugen, das sind so die oberen zehn Prozent meistens.

SF: Das stimmt, ja.

NB: Deswegen ist es mir immer ganz wichtig im kleinen Seminar, dass jeder zu Wort kommt. Oder dass man eben dann über Methoden, wo wirklich alle Stimmen eingesammelt werden, das könnte zum Beispiel auch eine schriftliche Variante sein, die schreiben was auf so `n Zettelchen, dann sammel ich alle Zettel ein und pinn die dann alle ran und spreche dann quasi zu dem, was ich auf diesen Zettelchen finde. Und dann, glaub ich, führen sich auch die Leute, die eben eher introvertiert oder schüchtern sind, die sehen -

SF: Die sehen sich auf der Tafel wieder und alle können sehen, was es gibt.

NB: Weil wir kurz über Aktivieren gesprochen haben, allein dieser Moment, okay, die setzen sich kurz hin und verarbeiten ihr, das, was sie grade bei mir gehört haben, dadurch, dass sie 'n Zettel schreiben. Das ist ja schon eine Aktivierung.

SF: Ja. Okay. Ah, so machst du's. Das hab ich nämlich früher, also die Mitarbeit auf der Ebene von „sagt was im Raum“, darüber hab ich sehr viel nachgedacht. Und meine ersten Lehrerfahrungen waren auch wirklich so. Auch warten, habe ich auch die Erfahrung gemacht. Während ich gewartet hab, ist eine Wand hochgefahren und irgendwann war die Wand an der Decke angekommen und ich hab keinen Kontakt mehr mit den… Also so hat sich das angefühlt so wieder. Da hab ich mich auch gefragt, wie geht das eigentlich? Und dann hab ich gemerkt, ich hab so innere, so `nen inneren Ethos im Sinn von, wir sind hier an der Uni, da wird nicht aufgerufen und solche Dinge. Hab dann aber sehr viel, in vielen Gesprächen mit mit anderen Lehrenden gesagt, ich ruf einfach warum denn nicht? Also habe nicht ich gesagt, sondern haben die mir gesagt, dann hab ich das auch ausprobiert. Und irgendwann haben wir gesagt, na ja, man fragt ja die Leute. Und das hat, das ist ja auch nicht offending. Die kommen ja zu mir ins Seminar und wollen sozusagen - und dann hab ich gedacht, das ist doch auch eine Wertschätzung. Also ich muss ja jetzt hier nicht anfangen, ein moralisches Problem draus zu machen, mit den Leuten zu arbeiten, aber das hatte ich. Und dass man dann sagt, was meinen Sie denn zum Beispiel? Ich frage Sie, ich will hören, was Sie dazu sagen. Sie sind doch auch da, vielleicht wollen Sie - und so und so. Das war schon mal sehr hilfreich. Natürlich geht am Anfang erst mal so `n Angstding durch, aber irgendwann merkt man, gut, wie du's sagst. Also, man muss dann natürlich auch nicht sagen: „Sagen Sie's doch mal, Quatsch, Unsinn, haben Sie schon mal so `nen Quatsch gehört?“

Das natürlich, ich mein, das ist ja klar. Sondern, nee: Ah, interessant, ich schreib's mal auf und so weiter und so weiter. Dann, so bringt man in den Gang. Ich hatte allerdings riesige Seminare und das ist ja dann eben so `ne, wenn da dreißig, vierzig Leute sitzen, dann wird da so eine Gruppe draus. Die haben voreinander Angst. Also das ist ja auch, es sind ja gar nicht „die Studierenden“. Das sind ja, das erinnere ich mich ja selber, die das ist ja gar nicht homogen. Die die einen sind doof, die anderen mag man, da drüben will man beeindrucken und so und so. Das ist eine völlig inhomogene Gruppe und und ich da vorne werd gar nicht wahrgenommen und so weiter.

Das natürlich, ich mein, das ist ja klar. Sondern, nee: Das muss man ja alles wissen. Und da hab ich wegen dieses Raums, also da, ich hab da viel drüber nachgedacht, ich hab das gar nicht automatisch gehabt. Wie komme ich eigentlich in den Raum rein? Ich hab am Anfang immer gemacht, dass ich einmal durch den ganzen Raum laufe in alle vier Ecken, damit ich überall mal war und dann letztlich mich, keine Ahnung, ich kann's nicht genau beschreiben, es hat mir Sicherheit gegeben. Und zweitens hab ich in jeder ersten Seminarsitzung alle, auch wenn's vierzig waren. Dann war das halt die erste, das ist wie der erste Pfannkuchen in der Pfanne, so dann ist der nur dafür da, dass alle sagen, mit welcher Erwartung sie herkommen. Jeder mal seine, ihre Stimme im Raum. Das war eigentlich das Projekt darin. Und dann haben letztlich alle für die nächsten Sitzungen irgendwie doch die Erfahrung, ich hab hier, so klinge ich hier. Das bin jetzt, alle haben mich schon mal gehört und so. Vielleicht kann man da dran anschließen, ne.

NB: Damit mach ich auch tolle Erfahrungen. Also, das ist immer die erste Stunde bei mir. Dass ich die Studierenden kennenlerne, dass sie mich kennenlernen, dass wir 'n bisschen Erwartungen abfragen. Manchmal frag ich auch ab Du oder Sie.

SF: Ja, ja, genau.

NB: Und wollt ihr euch selber melden oder möchtet, ist euch lieber, wenn ich euch aufrufe?

SF: Ach, so sogar, ja. Und was wie sind da die Antworten?

NB: In der Regel wollen sie lieber selber sich beteiligen.

SF: Und machen sie auch.

NB: Bisher hab ich keine Probleme gehabt.

SF: Ja. Ah, schön. Wie machst du's mit den Namen? Wie merkst du dir die Namen?

NB: Schrecklich.

SF: Ja, schrecklich, ich weiß. Ich weiß, wovon du sprichst. Na ja, es ist, man sieht's ihnen ja nicht an.

NB: Ja, ja. Ich hab am Anfang oft so Namenskärtchen, so wie im Workshop, dass ihr Leute das so vor sich hinstellen und immer mitbringen müsst.

SF: Ich vergess das immer, ja.

NB: Bei Moodle hat man, hatten wir früher immer die die Regel, dass alle Studierenden 'n Foto hochladen müssen.

SF: Ah. Klar!

NB: Und dann konnte man immer wieder gucken, okay, ah, wer war das jetzt noch mal? Okay, Gesicht, Name. Und das hat auch super geholfen.

SF: Richtig, absolut. Das ist richtig, gut.

NB: Und 'n alter Professor von mir, der hat dann wirklich auch immer am Anfang Fotos gemacht mit seinen Studierenden und hat sich so `ne Tabelle ausgedruckt und quasi Name und Foto hingelegt.

SF: Das ist super. Ich hab mich das nie getraut dazu, eine Technik zu entwickeln, weil ich immer dachte, alle können das, nur ich nicht. Und deswegen hab ich gar nicht mich getraut, dass man dafür eine Technik, und so weiter und so weiter. Es ist ja sowieso übers Lernen unheimlich viele Mythen im Sinn von, also wie kann man schreiben, weil du ja auch von akademischem Handeln gesprochen hast. Es wirkt ja immer so, als ob man das so kann. Und wenn man das lernen muss, dann ist das 'n bisschen bäh und so weiter und so weiter. Und dass das 'n Handwerk ist? Ist es ja sowieso nicht, ist Theorie und kein Handwerk und so weiter. Da gibt es ja unheimlich viele Mythen, insbesondere in dem akademischen Handeln, in dem Feld Lesen, Schreiben, von dem du gesprochen hast.

NB: Aber auch Lehren für dich.

SF: Aber auch Lehren, ganz genau, weil du hast es ja gesagt, wir kommen aus der Uni, haben gelernt zu lernen und belehrt zu werden oder irgendwie was. Also jetzt mal im Passiv, wir haben die Lehre ja empfangen, weiß gar nicht, ob das stimmt. Aber jedenfalls, wir machen ja immer so, Lehren ist das Aktive, Lernen ist das Passive, so. Und das, worauf wir zurückgreifen, wenn ich ehrlich bin, ganz oft greif ich in die Kiste, wie war 'n das eigentlich damals, wie hat das mein Prof gemacht?

NB: Richtig.

SF: Oder meine Professorin oder Dozentin oder so was, oder meine Tutorinnen und Tutoren. Und weißt du, wo ich ganz oft lande? „Wovon hatt ich was? Wo hab ich richtig was gelernt?“ Und dann lande ich in einer kleinen, in so `nem kleinen Kunstkultur Space, den wir selber organisiert hatten, wo wir statt der Universität hingegangen sind und uns da miteinander Kunstsachen oder so weiter beschäftigt hatten, wo gar keine Dozenten und Dozentinnen dabei war.

Das stimmt so natürlich nicht. Aber immer wieder lande ich auch in Situationen, wo ich denk: Aha, da war ja gar niemand dabei. Also da haben wir uns irgendwie mehr oder weniger selber organisiert. Und dann komm ich von dort her, wenn ich so frage, wie war 'n das eigentlich, komm ich wieder zurück zu Dozierenden und Dozenten, deren Seminare eigentlich auch so waren. Und jetzt ist interessant, es gab 'n Seminar, von dem ich unheimlich viel hatte. Da saß der Dozent einfach nur - und wir haben einen Text gelesen, wir kamen mit dem gar nicht fertig und so weiter. Wir haben einfach vierzehn Wochen lang den Text so weit gelesen, so weit wir eben kamen. Das war's dann schon. Da hab ich aber wissenschaftliches Lesen oder, weil du vorhin lesen gesagt hattest, da hab ich das, da hab ich eine Art Lesen gelernt, die mir irgendwie taugte, wo ich das Gefühl hab: Ach, so kann lesen gehen. Und zweitens: So anstrengend ist Lesen. Und drittens: So langsam ist Lesen und so weiter und so weiter. Das waren aber eigentlich Einsichten, muss ich wirklich bis heute sagen. Wie ist das, das wollt ich noch wissen, wie ist das, Lernziele? Wenn ich jetzt so gehört hab, wie du an Lehre rangehst, dann ist es ja eigentlich, dann ist es relativ offen und partizipativ, was ist, wenn die Studierenden auf Sachen kommen und da du Sachen an die Tafel klebst und so weiter und so weiter, die nicht zu deinem Plan passen?

NB: Das schaff ich eigentlich immer ganz gut einzufangen. Also es ist relativ selten so, dass die völlig daneben liegen. Also was, nee, ist mir eigentlich noch nie passiert. Es ist dann in der Regel so, dass sie zu fünfundneunzig Prozent eigentlich in dem Bereich liegen, was man auch in der Literatur lesen kann. Das heißt, wenn dann ein oder zwei Ausreißer da dabei sind, dann schreite ich eigentlich moderierend ein und ordne das dann noch mal ein. Das ist vielleicht auch so `n Talent, was ich habe, dass ich gut darin bin, Sachen aufzugreifen, zu kontextalisieren, einzuordnen, wie auch immer. Und das relativ spontan eigentlich gut hinbekomme, glaube ich jedenfalls. Ja.

SF: Also zu wenden, zu wenden, in die Bahn zurückzuwenden. Das ging für mich so `n bisschen so, du kannst ganz gut das Gehörte in Hinsicht auf dein Seminar verwerten. Also, du, das ist nämlich wirklich, ich glaub, das ist wirklich eine Kunst, im Lehren. Das ist fast eine zentrale Kategorie, die ich immer, die mir immer bewusster wird. Die Studierenden, die sollen ja einfach sagen dürfen, was ihnen durch 'n Kopf geht, sonst sagen - also weiß ich ja selber, hab ich keine Lust, was zu sagen. Und frei werde ich dafür, glaub ich, wenn ich mich darauf verlassen kann, dass ich jetzt nicht den Seminarverlauf störe. Also suggestive Fragen werden bei mir nie beantwortet. Wenn ich nach was frage, wo ich schon weiß, was kommen soll, dann ist, das ist wie aus, dann ist mute. Dann ist das Seminar - und dann sag ich: „Sie merken, dass ich was Bestimmtes will, ne. Und jetzt denken Sie, er weiß es doch, warum fragt er denn?“ Warum, ja.

NB: Genau, ich glaube, es geht um dieses –

SF: Und warum fragt er uns denn nicht Sachen, die wir wissen oder die uns einfallen? Wieso fragt er uns denn nach was, was er sich…

NB: Vielleicht ist ja der der Kern, dass man 'n ehrliches Interesse hat an dem, was die Studierenden da produzieren und ein Vertrauen, dass die Schwarmintelligenz dann schon 'n Bild produzieren wird, was ungefähr dem entspricht, was ich den Studierenden auch vermitteln möchte. Also dieses Vertrauen ist, glaub ich, ganz wichtig. Und dann auf der Seite der Lehrenden ist es, glaub ich, schon auch so `n bisschen Einfühlungsvermögen und Kreativität. Ich hatte 'n genialen Architekturtheorieprofessor, der hat in meinem Diplom mir in 'ner Konsultation, dem hab ich irgendwas erzählt von meiner Idee zu meiner Diplomarbeit und er hat dann gesagt: „Aha, okay, hab ich verstanden. Also ich lese jetzt hier so rein.“ Und dann hat er eine Viertelstunde wahrscheinlich referiert und ich dachte so, wow, krass, das hab ich ja selber gar nicht gesehen in meiner Arbeit.

SF: Das ist die Kunst, die Schätze heben, ja. Genau. Da ist was dran.

NB: Und das ist jetzt auch so meine Strategie, wenn an jemand was dranklebt, was so `n bisschen, na ja, daneben ist, dann sag ich halt: Hey, Mensch, das ist eine super Idee. Das nehmen wir für 'n anderes Seminar. Oder das hat den und den Bezug zu unserem Thema. Ist jetzt, passt jetzt grad nicht rein, aber hey, den und den Bezug seh ich trotzdem. Deswegen schön, dass Du's eingebracht hast.

SF: Ja, ja. Und dann und so verlassen sich alle drauf, ich darf hier einfach was sagen, das geht nicht kaputt. Also es ist 'n bisschen so wie beim Fahrlehrer oder so was, wo man einfach am Steuer rummachen kann, zur Not hat der auch eins. Und der hält uns auf der Straße. Also sozusagen, unsere Aufgabe ist, auf der Straße zu bleiben, wenn die, wenn man den anderen sagt, ich hab keinen Steuer, das müsst ihr machen, dann hat, das ist ja auch viel zu groß. Das darf man eigentlich nicht machen. Der Raum muss sicher sein.

NB: Ja.

SF: Die Bahn muss sicher sein, interessant, ja. Also ist ja eigentlich fast schon eine Metapher. Vielleicht, bevor die Zeit zu Ende geht, möcht ich doch noch mal, weil eigentlich find ich das interessant, diese drei Punkte ab und zu mal aufzurufen, sodass es vielleicht so `ne Art Muster oder so was wird: dieses Bild für die Lehre. Von Heraklit ist überliefert der Satz „Lehre ist nicht das Befüllen von Amphoren, sondern das Anzünden von Fackeln.“ Und ein japanischer Zen Mönch, ich will das gleich da dran gliedern, sagt: „Die Lehre zu hören, ist eigentlich ein Wasser in eine Pumpe füllen. Und dann beim Pumpen entsteht der Unterdruck. Das Wasser ist also nötig, umden Unterdruck zu erzeugen. Die Lehre kommt dann als Erstes wieder raus“ - find ich ganz witzig. Und danach zieht das dann aber aus dem Brunnen das selbst sozusagen das eigene Wasser. Welche Metapher ist inwiefern oder gibt's welche, die du abwählst? In welcher gehst du in Resonanz? Jetzt hier ich spontan.

NB: Spontan die erste, weil ich diese Vorstellung, dass man Wissen in die Studierenden hineingießt und dass dann die Studierenden dafür verantwortlich sind, das zu verarbeiten oder zu behalten, dass das eben eine Vorstellung ist, die ich nicht mehr teile. Also das hab ich, glaub ich, selber als Studierende noch erlebt -

SF: Ach ja.

NB: Und das hat für mich nicht besonders gut funktioniert. Ich bin kein Mensch, der sich durch Lesen oder Zuhören Sachen erarbeitet oder behält, sondern ich muss selber machen. Und deswegen bin ich eben auch so ein großer Fan davon, Studierende in die Erarbeitung der Inhalte einzubeziehen, dass sie aktiv mitwirken. Und wie du schon gesagt hast, du fandest ja auch dieses Seminar, wo ihr nur gesessen und gelesen habt, so toll. Und ich glaube eben auch, dass das so `ne gewisse Aktivität, wahrscheinlich aktives Lesen, miteinander diskutieren auch dabei war.

SF: Satz für Satz, so, ja.

NB: Und eben das Diskutieren hat dabei geholfen, dass du wahrscheinlich so viel gelernt hast, nicht das Lesen, weil das Lesen hättest du auch zu Hause machen können.

SF: Der Text, der Inhalt des Textes war an der Stelle gar nicht so sehr entscheidend, als vielmehr der Vorgang des Lesen. Also das wäre das Entzünden, könnte man da, wenn man jetzt in der Metapher dann bleibt.

NB: Ja. Ja.

SF: Ah, schön. Und das mit der Quelle? Sagt dir nichts. Na, einfach nur interessant.

NB: Nee, da bin ich jetzt, ich glaube, das, da müsst ich länger drüber nachdenken, weil das ist doch recht komplex, die das Bild.

SF: An dem Bild find ich 'n bisschen schade, dass wir Lehrende nur das Wasser für den Unterdruck zur Verfügung stellen. Aber vielleicht sei's drum, vielleicht ist es so. Was begeistert dich an der Lehre? Du hast ganz am Anfang gesagt, du bist begeistert, dich begeistert Lehre.

NB: Ja. Hm, das ist eine sehr gute Frage. Ich glaube, es entsteht bei mir so `ne Art Energie zwischen den Menschen, die dann vor mir sitzen oder die mit mir zusammen in der Lehre dann Sachen erarbeiten. Und das merk ich dann auch manchmal zum Beispiel jetzt in unserem Gespräch, dass da sone gewisse Schwingung erzeugt wird, wo man einfach merkt, so beide Menschen haben vielleicht unterschiedliche Vorstellungen. Aber man hat so `n gemeinsamen Begeisterungsraum, so. Und das heißt, ich geh aus der Lehre immer völlig energetisiert heraus. Und eine Viertelstunde später, also ich muss dann immer erst mal 'n Spaziergang machen, um wieder runterzukommen.

SF: Ja, verstehe ich.

NB: Und das ist fast wie so `ne Art Droge, da vor den Menschen zu reden und das ist für mich wirklich energetisierend, ja. Und ich glaube, das begeistert mich und ich find's natürlich auch schön, wenn ich dann positives Feedback erhalte und die Studierenden vielleicht noch 'n Jahr später zu mir kommen und sagen „Das Seminar war toll. Da hab ich was gelernt, das hat total Spaß gemacht mit dir.“ Das ist natürlich, da schwillt einem natürlich die Brust und man ist stolz.

SF: Schon, gell. Das ist unwahrscheinlich…

NB: Ja. Ja, ja. Aber so in dem Moment ist es wirklich diese Energetisierung, die mich trägt und die mich auch immer wieder Seminare durchführen lässt, weil ich mich darüber freue.

SF: Das kann ich sehr gut nachvollziehen. Misslingen in der Lehre, gibt es da Beispiele, Erlebnisse?

NB: Ja. Ja. Also ganz oft ist Zeit 'n Problem, dass ich mir zu viel vornehme. Trotz meiner sehr gründlichen Planung passiert es auch mir, dass ich nicht hinkomme mit dem, was ich mir vorgenommen hab. Und dann kommt man natürlich so `n bisschen ins Eiern. Technische Probleme ist 'n klassischer Fall, würde ich sagen. Und was oder was dann auch manchmal, wo man dann seine eigenen Erwartungen wieder einfangen muss, ist, wenn man dann am Ende dasitzt mit den Hausarbeiten man denkt sich so: Oh, puh, das ist jetzt aber nicht so ganz das, was ich erwartet hätte. Also… wo die Erwartungen nicht ganz erfüllt werden und wo ich mich dann frage, okay, ist jetzt was falsch gelaufen? Oder war vielleicht die Prüfungsform Hausarbeit nicht die richtige? Ja, so.

SF: Sehr interessanter Effekt. Was ist, wenn dies und diesen Gap kenn ich auch, dieses begeisternd da durchs Seminar gehen und auf einmal im Gespräch plötzlich die Enttäuschung zu erleben, hab ich eine andere Wahrnehmung oder so was? Diese Irritation oder in der Hausarbeit oder wo man sagt, warum denn so? Wir haben doch ganz anders gearbeitet. Wie hab ich das denn wahrgenommen? Aber es ist wirklich, genau, die - das fächert sich vielfältig auf, ist die Prüfungsform vielleicht nicht passend zu dem Seminar, in dem ich's ja erlebt hab, was alles funktioniert und so weiter und so weiter? Welche Art von Feedback bekomm ich eigentlich wann übrigens auch, find ich interessant, 'n Jahr später oder so was.

SF: Also Lehre geht, das geht ja zu unterschiedlichen Zeiten auf. Manchmal find ich's 'n bisschen schwierig, unmittelbar oder auch während der Lehrveranstaltung in die Evaluation zu gehen, hab da manchmal so das Gefühl, da wird in der Hexenküche schon in den Topf geguckt. Also es ist ja manchmal wie eine Küche. Ich hab ja mein didaktisches Konzept, nicht immer trag ich das vor mir her. Also manchmal ist es auch wirklich unangenehm, die Studierenden finden‘s jetzt nervig, mühsam und so weiter und so weiter, würden dann sagen, das war eine blöde Stunde. Gleichzeitig ist es für mich aber dann wichtig, eine Geschichte zu haben, wo wir eben auch mal durch was Mühsames durchgehen, um dann an 'ner anderen Stelle wieder woanders rauskommen zu können und so weiter. Die Bewertung von Lehre, Gelingen und Misslingen, ist eine interessante Frage von beiden Seiten, ne. Wann hast Du Lehre selbst als Lernende, als besonders schön und beglückend und positiv erlebt?

NB: Du meinst damals noch in meinem Studium? Ja.

SF: Ja, zum Beispiel. Genau, doch hatt ich jetzt dran gedacht.

NB: Ja. Ich glaube, in den Momenten, wo ich wo die Lehrenden für 'n sicheren Raum gesorgt haben, sodass wir auch als Studierende zum Beispiel nicht in Konkurrenz miteinander standen, was bei der Architektur häufig vorkommt. Sondern als Team gemeinsam gearbeitet haben. Das fand ich immer richtig toll. Wo hab ich viel gelernt? Auf Exkursionen, in die Welt rausgehen, Dinge sehen, meinen Horizont erweitern. Ja? Und tatsächlich für mich war Lesen irre spannend, wenn man das so wenig macht im Architekturstudium. Und dann war's wirklich mal, oh, ich kann mich jetzt mal hinsetzen und kann mich hier mal in ein neues Thema einarbeiten. Ich hab nicht den Druck von irgend 'ner Abgabe und muss hier in meinem Studio noch irgendwas produzieren in meinem in meinem Raum, in meinem Arbeitsraum. Dann hab ich, glaub ich, viel gelernt. Und ja, leider muss ich auch sagen, charismatische Lehrpersonen.

SF: Leider, hast Du gesagt?

NB: Na ja, weil leider, ich finde, dieses Charisma spielt so in diesen Geniekult rein, den ich eigentlich nicht gut finde.

SF: Das ist das Leider. Mhm.

NB: Aber andererseits, vielleicht waren das ja eben auch Personen, die eben auch ihr Thema selber begeistert hat, dass es eben eher das war, was dann übergeschwappt ist und wo ich dann wo ich da saß und so gebannt der Vorlesung zugehört hab und hinterher mal rausging und dachte: Wow, toll.

SF: Das stimmt. Das haben wir vorhin beschrieben als etwas, was als Begeisterung auch dann letztlich für gelingende Lehre oder zur gelingenden Lehre und auch zur Haltung und Herstellung des Raums und so weiter beiträgt. Also, aber ich verstehe den Punkt zu sagen, geht es? Ist interessant. Jetzt sind wir, glaube ich, hier mit unserem Gespräch am Ende, ja, so einigermaßen und haben sehr viel über Kraft und Energie und solche Dinge gesprochen. Das fand ich hochinteressant. Liebe Nicole, ich danke dir sehr für dieses schöne Gespräch.

NB: Ja, vielen Dank, lieber Simon, für die Einladung. Toll.

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